Thomas Cottier: Das Rahmenabkommen – Diskrepanz von Recht und Politik

Die Auseinandersetzung um das Rahmenabkommen ist von einer starken Diskrepanz zwischen Recht und Politik geprägt. Aus rechtlicher Sicht verbessert das Abkommen die Stellung und Einflussmöglichkeiten der Schweiz in Europa. Die Politik sieht nur Nachteile und befürchtet einen Souveränitätsverlust. Die Medien erklären das Abkommen für klinisch tot, trotz wiederholter Bestätigung des bilateralen Weges durch Volk und Stände. Wie ist diese Diskrepanz zu erklären?

Rechtlicher Gehalt
Institutionell bringt das Rahmenabkommen (InstA) in seinem Geltungsbereich die Mitsprache in der Rechtssetzung, regelmässige Kontakte auf den Ebenen von Regierung und Verwaltung,
von Parlament und Gerichten und damit auch mehr Ehrlichkeit und Transparenz in der Übernahme von EU-Recht. Das Schiedsverfahren schützt die Schweiz vor unverhältnismässigen
Sanktionen, sollte sie sich künftig für ein Opt-out in einem Regelungsbereich entscheiden. Die Stellung der Schweiz wird damit im europäischen Integrationsprozess gestärkt. Materiell
bringt es in den drei umstrittenen Bereichen Verbesserungen oder relegiert wichtige Fragen auf spätere Verhandlungen und Entwicklungen. Die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen für den Lohnschutz werden gegenüber heute verbessert: Der Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit wird auch im Entsenderecht der EU ausdrücklich anerkannt. Die Schweiz hat – über das EU-Recht hinaus – erfolgreich verhandelt und eine 4-tägige Voranmeldung und das Recht ausgehandelt, Kautionen gegen Säumige zu verhängen. Diese Garantien binden staatsvertraglich auch den Europäischen Gerichtshof. Neu kann die Schweiz von Amts- und Rechtshilfe und dem europäischen Binnenmarkt-Informationssystem IMI profitieren; sie kann ausländische Firmen neu auch an deren Sitz in den Mitgliedstaaten ins Recht fassen. Der heute unter dem Freizügigkeitsabkommen anfechtbare Lohnschutz wird neu auf eine solide Grundlage gestellt. Diese ermöglicht ein durchaus griffiges und ebenbürtiges Entsenderecht auf Bundesebene, das weiterhin von den Sozialpartnern administriert werden kann. Das Abkommen verpflichtet rechtlich nicht zur umfassenden Übernahme der Sozialhilfe der Unionsbürgerschaft. Die einschlägige Richtlinie wird weder im Freizügigkeitsabkommen noch im Rahmenabkommen erwähnt. Der Wechsel vom Heimatstaatprinzip zum Wohnortprinzip für Bedürftige wird Gegenstand eines langen Prozesses sein, nicht anders als es unter den Kantonen der Fall war. Verpflichtungen können rechtlich nicht über den Geltungs- und Anwendungsbereich des Freizügigkeitsabkommens hinausgehen. Dieses unterstellt nichterwerbstätige Personen einer regelmässigen Erneuerung der Niederlassung, die an hinreichende Mittel für den Lebensunterhalt gebunden bleibt. Das Rahmenabkommen beinhaltet schliesslich keine Veränderung im Bereich der kantonalen Subventionen. Diese Frage stellt sich ernsthaft erst bei einer künftigen Revision des Freihandelsabkommens von 1972; vorher unterliegen Streitigkeiten allein der einvernehmlichen Unterstellung unter das Schiedsgericht. Die Schweiz und ihre Kantone können hier nicht gegen ihren Willen eingeklagt werden.

Politische Haltungen
Die rechtliche Lage könnte kaum stärker mit der vorherrschenden politischen Einschätzung des Abkommens kontrastieren. Diese ist machtpolitisch, im Einzelnen ohne Rücksicht auf die
Rechtslage geprägt. Trotz einer stärkeren Mitbestimmung wird ein unzumutbarer Angriff auf die nationale Souveränität durch die dynamische, aber nicht automatische Rechtsübernahme
und das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof ins Feld geführt. Die Gewinne des Abkommens, vor allem auch für künftige Abkommen, werden ausgeblendet.
Die SVP lehnt das Abkommen kategorisch ab, ohne Rücksicht auf Verluste. Gewerkschaften, SPS und wohl auch die Grüne Partei beharren darauf, dass der Lohnschutz aus dem Geltungsbereich des Abkommens gestrichen wird und paradoxerweise im Alleingang weiterhin auf der unsicheren und anfechtbaren Grundlage des Freizügigkeitsabkommen beruhen soll. Für sie ist das vorliegende Abkommen nicht akzeptabel, ohne Rücksicht auf seine andern Komponenten und Vorteile für die Beschäftigung. FDP und die Mitteparteien machen ihre Zustimmung von weiteren Klärungen in den drei genannten Bereichen abhängig. Allemal werden die genauen rechtlichen Gründe dazu aber weder kommuniziert noch deren Notwendigkeit rechtlich näher begründet. Bezüglich der Sozialrechte will man eine Entscheidung auf Biegen und Brechen und erachtet die Sozialpflichtigkeit gegenüber Arbeitnehmern und Steuerzahlern, die in Schwierigkeiten kommen, im Grundsatz als unzumutbar. Die Kantone wehren sich gegen das Abkommen und fürchten ohne nähere Begründung um ihre Gestaltungsspielräume einer oft intransparenten Beihilfe- und Standortpolitik. Allein die Grünliberale Partei, Wirtschaftsverbände und die in der Europa Plattform Schweiz EU vereinten Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützen das Abkommen wie es vorliegt. Magistraten, Politiker vieler Couleur und Journalisten behaupten immer wieder, dass das Abkommen vor dem Volk keine Chance habe, obgleich Umfragen mit Beständigkeit das Gegenteil ergeben haben. Eine grosse Mehrheit von Bürgern und Bürgerinnen sieht die Notwendigkeit des Abkommens für die Fortsetzung des bilateralen Weges ein. Vor allem haben Volk
und Stände in epochalen Abstimmungen den bilateralen Weg deutlich bestätigt. Sie haben am 25. November 2018 die sog. Selbstbestimmungsinitiative und am 27. September 2020 die sog.
Begrenzungs- oder Kündigungsinitiative massiv verworfen.

Gründe der Diskrepanz
Warum diese ausgeprägte Diskrepanz zwischen rechtlichem Inhalt und politischer Einschätzung? Drei Gründe lassen sich über das politische Parteiengerangel hinaus anfügen. Das Abkommen
wurde erstens über Jahre hinter verschlossenen Türen verhandelt, ohne gleichzeitig einen innenpolitischen Lernprozess zu führen. Eine negative Grundstimmung baute sich auf, lange bevor der Text vor über einem Jahr publiziert wurde. Das rächte sich bald. Die Debatte ist von früh gefällten Vorurteilen geprägt, auf die nur schwer ohne Gesichtsverlust zurückgekommen werden kann. Das Rahmenabkommen beschlägt zweitens und vor allem das tradierte Souveränitätsverständnis der Schweiz und macht einen ersten Schritt zu einer kooperativen Souveränität mit mehr Einfluss und Mitsprache in der EU, aber auch einer beschränkten Unterstellung unter ihre Gerichtsbarkeit. Das ist für unser Land völlig neu und fordert alle Parteien, von links bis rechts in ihrem traditionell nationalstaatlichen Souveränitätsdenken. Und drittens bestehen schliesslich versteckte protektionistische Agenden, welche die Fundamentalopposition der SVP und der Sozialpartner geschickt ausnützen.

Auswirkungen und Kosten All dies führt zu Verzögerungen, welche heute ohne dauerhafte Aufdatierung des Abkommens über technische Handelshemmnisse (MRA) Betriebe und Arbeitsplätze vor allem im Bereich der Medizinaltechnik unmittelbar ernsthaft gefährden. Das gleiche gilt für die Forschungspolitik. Die Beteiligung am kommenden Forschungsprogramm der Union ist ungesichert. Morgen werden sich Schwierigkeiten in der Klimapolitik zeigen. Viele Fragen lassen sich hier national angehen. Viele verlangen aber eine internationale Lösung, will man Handelsumlenkungen vermeiden. Das gilt vor allem für den Emissionshandel, für Grenzabschöpfungen und differenzierte Abgaben und Klimazölle gegen schmutzig produzierte Waren. Es gilt
für eine stabile Stromversorgung und für die Bewirtschaftung der Pumpspeicherwerke in den Alpen, die ohne Stromabkommen kaum finanziert und ausgelastet werden können. Probleme
werden sich rasch auch im Bereich der digitalen Wirtschaft zeigen. Wie will die Schweiz ohne Zusammenarbeit mit der EU Cyber-Kriminalität erfolgreich bekämpfen? Wie will sie Forschungszusammenarbeit und Netzwerkeffekte in der Software-Entwicklung nutzen, die heute in der EU bewusst angestrebt werden? Wie will sie die Datensicherheit und den Markzugang
für ihre Dienstleistungen im Alleingang sicherstellen? Klimapolitik und die digitale Wirtschaft mit ihren engen und neuartigen Bezügen zur Sicherheitspolitik stehen zuoberst auf der
Agenda der neuen EU-Kommission. Ihre geopolitischen Herausforderungen rufen verstärkt nach einer europäischen Souveränität (E. Macron). Für Drittstaaten ohne vertragliche Anbindungen
wird es eng werden. Ihnen bleibt dann in Europa nur der autonome Nachvollzug ohne Marktzugangsrechte und damit endgültig der Verlust der nationalen Souveränität und Selbstbestimmung
in zentralen Regelungsbereichen. Bei all dem liess sich der Bundesrat alle Zeit und delegierte staatsleitende Fragen an demokratisch nicht legitimierte Verbände der Sozialpartner. Auf die Argumente einer verfassungsrechtlichen Petition der zivilgesellschaftlichen Organisationen vom 31. Oktober 2019, mit der aus den vorgenannten Gründen eine rasche Unterschrift und Vorlage an das Parlament gefordert wird, ist er nicht näher eingegangen. Die grossen geopolitischen Veränderungen wie auch die Erfahrungen mit der Pandemie und einer erfolgreichen pragmatischen Zusammenarbeit mit der EU während dem Lock-down blieben unberücksichtigt. Die Regierung glaubte, mit ihrer zögerlichen Haltung einen besseren Stand gegen die Kündigungsinitiative der SVP zu haben. Überzeugend war das nicht. Man kann auch als Zaungast nicht gespalten und geteilt für die Idee der europäischen Integration einstehen.

Zeitenwende
Die Politik muss mit den europapolitischen Abstimmungen von 2018 und 2020 die Zeitenwende endlich zur Kenntnis nehmen. Es liegt an der Schweiz, jetzt diesen weiteren Schritt in Richtung Europa zu machen. Es liegt an Bundesrat und Parlament, die Europapolitik zu bestimmen und diese nicht länger demokratisch nicht legitimierten Verbänden und Korporatismus zu überlassen. Die Grundlagen liegen bereit. Das Abkommen ist aus rechtlicher Sicht weit besser als sein Ruf. Es wurde sorgfältig verhandelt, aber schlecht kommuniziert. Diesen Mangel gilt es durch die Unterzeichnung und die Ausarbeitung einer detaillierten Botschaft an das Parlament zu beheben. Sein rechtlicher Inhalt muss endlich im Detail in die Debatte einfliessen.
Noch offene Fragen lassen sich vorgängig durch einseitige oder beidseitige auslegende Erklärungen durchaus regeln. Und wo dies nicht abschliessend möglich ist, steht neu und erstmals ein verbindliches Streitbeilegungsverfahren zur Verfügung, das die Stellung der Schweiz im Machtgefüge stärkt. Die Grundlagen für eine Rückkehr zu einer vertrauensbildenden Sachpolitik in der schrittweisen Entwicklung der Europapolitik liegen mit dem Vertragsentwurf vom Jahresende 2018 aus rechtlicher Sicht vor.

Thomas Cottier,
27.9.2020

 

Das Rahmenabkommen – Diskrepanz von Recht und Politik

Editorial Thomas Cottier: Zum Verfassungstag

Die Verfassung von 1848 begründete langfristig die  Wohlfahrt des Landes. Binnenmarkt und Freizügigkeit in Europa tun es ihr ebenso langfristig gleich. Es ist daher wichtig, die Kündigungsinitiative am 27. September wuchtig zu verwerfen. Wir sind dies dem 12. September 1848 schuldig.

Jean Zwahlen: l’UE – notre partenaire le plus important et le plus fiable

Je constate avec perplexité que la campagne « Pour une immigration modérée » fait abstraction de la détérioration des relations internationales. Or, cette détérioration interpelle notre pays en raison de la modification des positionnements respectifs de nos principaux partenaires : les Etats-Unis, la Chine et l’UE, qui représentent 45% du commerce mondial. Voyons le problème.

Les Etats-Unis
Depuis son accession à la Présidence, Trump s’emploie à démanteler l’ordre multilatéral d’après-guerre accusant ses membres d’en détourner les règles. Il s’ensuit que les Etats-Unis se servent maintenant du multilatéralisme comme d’un menu à la carte. Ils le défendent s’ils y ont intérêt et, l’entravent dans le cas contraire. Cette pratique est particulièrement déstabilisante pour un pays de notre taille car elle foule aux pieds les principes de l’ordre juridique multilatéral qui a notamment eu pour mérite de réfréner les velléités unilatérales des grandes puissances. Ce délitement a pour conséquence que les Etats-Unis prennent des libertés à propos de traités et d’alliances qu’ils ont conclus, voire utilisent l’arme du dollar pour imposer des sanctions. La Suisse par exemple figure sur une liste grise du Trésor américain et risque d’être sanctionnée à tout moment au motif que la BNS, en « manipulant » le cours du franc génère des excédents commerciaux et courants excessifs envers les Etats-Unis. Il en découle que la Suisse ne peut plus compter, comme autrefois, sur la fiabilité des Etats-Unis et, étant désormais davantage isolée institutionnellement, elle doit agir avec encore plus de doigté.

La Chine
En 2001 le monde pensait que la Chine, en adhérant à l’OMC et à ses règles de libre échange, évoluerait vers un régime démocratique. Or, avec l’accession de Xi Jin Ping au pouvoir en 2012, c’est l’inverse qui s’est produit. Xi entend reconquérir la prééminence historique de la Chine que le colonialisme lui a ravi. Pour y parvenir  il a durci le pouvoir politique, renforcé l’autorité du Parti communiste et discrédite maintenant les valeurs libérales du système de gouvernance occidental en prônant la supériorité du régime socialiste chinois. Au plan international, la Chine tire avantage du repli multilatéral des Etats-Unis pour se donner les allures d’une puissance responsable et respectueuse de l’ordre international dont elle ne manque pas de se servir habilement pour accroître son influence, imposer progressivement ses valeurs et ses programmes : Nouvelles Routes de la Soie par exemple. En outre, la Chine s’emploie avec force moyens à se rendre autarcique dans les technologies de pointe. A cette fin, elle n’hésite pas à piller les brevets, voire à se livrer à des cyberattaques dans des domaines sensibles : santé, énergie, télécommunications etc.

Face à la Chine, la Suisse doit être particulièrement prudente pour les raisons suivantes :

  • L’ordre multilatéral que prône la Chine diffère de l’ordre libéral d’après-guerre dans quatre domaines clé au moins :
    -capitalisme étatique
    -non-ingérence dans la affaires nationales
    -propriété intellectuelle
    -droits de l’homme
  • Le régime autoritaire chinois actuel peut à tout moment faire volte- face. Il est donc moins fiable, plus aléatoire. Etant donné le recul de l’ordre multilatéral libéral  la Suisse, qui n’est pas intégrée dans un grand bloc, a perdu une partie de son pouvoir de négociation. Elle est donc plus vulnérable et doit agir avec d’autant plus de circonspection.
  • Mais, par rapport à ces incertitudes, la Suisse doit également prendre en compte :
    -l’importance du marché chinois ( 1,4 milliard d’habitants) et son développement fulgurant
    -le poids de ce marché dans nos échanges commerciaux – la Chine est déjà notre troisième partenaire derrière l’UE et les Etats-Unis.
    -l’importance croissante des investissements dans les deux sens
    -notre dépendance des chaînes de valeur localisées en Chine.

L’Union Européenne
L’UE reste fidèle au multilatéralisme libéral d’après-guerre et s’efforce de la promouvoir en concluant de nombreux accords de libre-échange reposant sur les principes de cet ordre. Mais l’UE est limitée dans ses efforts car elle doit en même temps lutter pour maintenir sa cohésion interne et affronter les tentatives de déstabilisation venant des Etats-Unis, de la Chine, de la Russie et même de la Turquie. Industriellement, l’UE est une grande puissance, mais  surtout  dans les secteurs traditionnels et moins dans les technologies de pointe. Consciente de cette faiblesse elle s’efforce de la corriger. A propos de la confrontation sino-américaine, l’UE devra procéder à des arbitrages délicats pour constituer une entité unie et solide. Ainsi, même si elle partage une partie des griefs des Etats-Unis contre la Chine, elle n’est pas en accord avec eux, notamment à l’OMC.

En outre, envers la Chine, l’UE ne forme pas un bloc monolithique car ses pays membres ont des divergences d’intérêts. Il n’en demeure pas moins, malgré les faiblesses dues à l’incomplétude de sa construction, que l’UE, pour rester une grande puissance sur la scène internationale, devra se positionner face à la confrontation sino-américaine. Elle en a les moyens, pour autant que le nouvel engagement politique de ses dirigeants reste à la hauteur des enjeux que représentent la préservation de son indépendance.

Je tiens cette indépendance pour cruciale en raison de l’intensification et de l’élargissement des champs de confrontation sino-américains. En effet, alors qu’initialement cette confrontation était bilatérale et commerciale, elle s’est ensuite étendue aux pratiques chinoises déloyales générées par le capitalisme étatique et l’inégalité d’accès au marché chinois. Cette confrontation s’est ensuite mondialisée au fur et à mesure qu’elle englobait de nouveaux domaines : la sécurité, la technologie et la santé. Bref, au point où en sont actuellement les choses, cette confrontation est désormais structurelle et irréversible, idéologique et hégémonique. C’est pourquoi, par rapports à ces défis cruciaux, il faut espérer que l’UE parvienne à uniformiser les vues de ses membres pour préserver son indépendance et éviter de tomber sous la coupe des Etats-Unis ou de la Chine. J’ajouterais que, aux risques que je viens de mentionner, s’en profile un nouveau, celui d’un découplage du monde qui pourrait forcer les Etats à devoir choisir le camp avec lequel ils entendent collaborer. Face à ce nouveau risque il faut aussi que l’UE parle d’une seule voix car, à défaut, elle se décomposerait et ses membres seraient vassalisés.

*

Au terme de ce parcours géopolitique, toile de fond de l’initiative « Pour une immigration modérée », il m’apparaît évident que la Suisse, dans la nouvelle constellation mondiale qui se dessine, est moins à même de faire cavalier seul  pour défendre ses intérêts, d’autant plus qu’elle est désormais davantage isolée institutionnellement en raison de l’affaiblissement du multilatéralisme d’après-guerre, qui fut un des piliers de sa prospérité. Il nous faut donc choisir entre les Etats-Unis, la Chine et l’UE le partenaire avec lequel nous voulons collaborer le plus étroitement. A mon sens, il ne fait pas de doute que c’est l’UE que nous devons. En  effet, comme je l’ai démontré, il y a des limites à une collaboration fructueuse tant avec les Etats-Unis qu’avec la Chine.

L’UE, malgré ses faiblesses, est et restera dans un avenir prévisible notre partenaire le plus important et le plus fiable, ne serait-ce qu’à cause des multiples affinités socio-culturelles qui nous lient. En votant le 27 septembre 2020, n’oublions pas le désastre économique qu’avait provoqué en 1992 notre refus de l’EEE. Ce vote nous en effet valu dix ans de marasme économique jusqu’à ce que l’UE consente en 1999 à nous ouvrir la voie bilatérale. Grâce à cet heureux dénouement, notre économie a rebondi et de nombreux accords ont été conclus dans l’intérêt des deux parties. Sans vouloir minimiser les enjeux du vote du 27 septembre – bien qu’à mon sens ils soient solubles – ils sont les arbres qui cachent la forêt des défis autrement plus dangereux que j’ai évoqués et pour lesquels nous avons besoin de pouvoir naviguer de concert avec l’UE.

J’espère donc que nous saurons voter dans l’intérêt à long terme de notre pays.

 

Jean Zwahlen
Ancien Ambassadeur et Directeur Général de la BNS
Membre du Comité de l’ASE

Veranstaltungsbericht: Themenabend zur Begrenzungsinitiative

Am 27. September entscheidet die Schweizer Stimmbevölkerung über die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)». Die Vorlage verlangt die Kündigung der Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union, was laut Initianten zum Ziel hat, die Zuwanderung aus den Mitgliedstaaten eigenständig regulieren zu können. Über die Gründe der Initiative, deren Konsequenzen auf die Beziehungen der Schweiz zur EU und die Schweizer Wirtschaft, haben unsere Gäste im Generationenhaus Bern intensiv diskutiert.

Den Auftakt an der unter Sicherheitsmassnahmen aufgrund der Covid-19-Pandemie abgehaltenen Veranstaltung machte Mario Gattiker, Staatssekretär des Staatssekretariats für Migration SEM. Er zeigte den Anwesenden im Detail auf, was eine Annahme der Initiative bedeuten würde. Im Unterschied zur Masseneinwanderungsinitiative von 2014 sei die Ausgangslage bei der jetzigen Abstimmung deutlich: Bei einer Annahme muss laut Initiativtext das Personenfreizügigkeitsabkommen gekündigt werden. Für die EU ist die Personenfreizügigkeit (PFZ) eine der zentralen Pfeiler, eine Neuverhandlung stelle daher eine « Mission Impossible » dar. Gemäss Gattikers Ausführungen würden nach einer Kündigung der PFZ auch die restlichen Verträge der Bilateralen I wegfallen; dies liege an der im Abkommen integrierten Guillotine-Klausel. Diese garantieren der Schweiz einen Zugang zum Binnenmarkt, sowohl dem grössten Export- wie auch dem grössten Importmarkt der Schweiz. Ihre Kündigung hätten daher für die Schweizer Wirtschaft weitreichende Folgen. Das Referat von Staatssekretär Gattiker kann hier nachgelesen werden.

Nach dem Einführungsreferat diskutierten Regula Rytz, Nationalrätin Grüne Partei, Dr. Aliki Panayides, Geschäftsführerin SVP Kanton Bern und Professor Thomas Cottier, Präsident «Die Schweiz in Europa». Moderiert wurde die Debatte von Gion-Duri Vincenz, Bundeshauskorrespondent beim SRF.

Frau Panayides argumentierte, dass nur mit der Annahme der Initiative eine 10 Millionen Schweiz mit all den negativen Konsequenzen für die Umwelt, die Sozialwerke und die Lebensqualität verhindert werden könne. Dem entgegnete Frau Rytz mit dem bisherigen Abstimmungsverhalten der SVP im nationalen Parlament. Diese würden dort konsequent gegen eine nachhaltige Umweltpolitik und Reformen der Sozialwerke politisieren. Es sei unehrlich, wenn die Initianten jetzt genau diese Themen als Argumente für ihre Initiative ins Feld führen, so Rytz.

Für die Nationalrätin der Grünen ist klar, dass die Schweiz die Arbeitskräfte aus der EU braucht. Die Personenfreizügigkeit zusammen mit den eingesetzten flankierenden Massnahmen sicherten sowohl die Versorgung durch Fachkräfte wie auch die Löhne der Arbeitnehmer. Professor Cottier wies mit seinen Inputs vor allem auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen einer Annahme der Initiative hin. Die Initiative sei ein frontaler Angriff auf den Bilateralen Weg der Schweiz – ohne dabei eine Lösung aufzuzeigen, wie die Migrationsfrage überhaupt gelöst werden könnte.

In der anschliessenden Fragerunde mit dem Publikum zeigte sich, wie emotional die Initiative ist. Verschiedene Personen haben mit ihren persönlichen Geschichten gezeigt, dass es bei der Personenfreizügigkeit eben vor allem um Menschen geht.

Die Veranstaltung fand unter der Einhaltung von strikten Hygienemassnahmen statt und hat gezeigt, dass auch unter den erschwerenden Bedingungen fundierte und gute Diskussionen vor einem Publikum stattfinden können. Denn diese sind nötig für eine lebendige Demokratie!

Justin Grämiger, Vorstandsmitglied der Nebs Sektion Bern

 

Impressionen vom Anlass finden sich auf der Twitter– sowie der Facebookseite von La Suisse en Europe.