Covid-19: Zurück zu offenen Landesgrenzen
von Thomas Cottier
In Tessiner Spitälern arbeiten über 2000 Pflegepersonen aus Italien, die jeden Tag die Grenze passieren. In Basel sind ein Fünftel des Personals des Universitätsspitals Grenzgänger*innen. In Genf sind es über die Hälfte des Pflegepersonals, und 17% der Ärztinnen und Ärzte (NZZ vom 24.3.2020 S. 11). Engpässe im Personal erweisen sich als die derzeit grösste Herausforderung in der Bekämpfung des Virus. Gleichzeitig werden die Grenzübergänge dicht gehalten und Passanten zeitraubenden Kontrollen unterworfen. Fahrzeuge stehen im Stau. Das bedeutet für das ausländische Spitalpersonal längere Arbeitswege, Wartezeiten und damit eine weitere Kürzung der dringlich notwendigen Erholungszeit vom Spitaldienst. Die Grenzschliessungen tragen so zur Personalverknappung bei. Sie wirken sich auch hier und eindrücklich kontraproduktiv auf die Versorgung aus; nicht nur bei der Abfertigung von Camions mit notwendigen Gütern.
Die WHO, die Wissenschaft und die EU Kommission haben in der Pandemie keine Grenzschliessungen empfohlen. Solche Schliessungen wirken sich auf die Verbreitung des Virus kaum aus. Es war eine verständliche, politisch motivierte Reaktion der Nationalstaaten in ganz Europa. Sie müssen mit Blick auf die zweite Welle rasch überdacht und der Normalisierung zugeführt werden. Einmal mehr zeigt, sich, dass nationale Grenzen in der heutigen Vernetzung Europas überholt sind. Sie dienen den Menschen und ihrer Gesundheit nicht. Das Virus kann in Europa nicht im Alleingang, sondern als international concern (WHO) nur gemeinsam und mit gegenseitig eng abgestimmten Politiken besiegt werden.
Thomas Cottier
Präsident ASE
26.03.2020