Editorial Thomas Cottier: Zum Jahresanfang
Liebe Mitglieder der Vereinigung La Suisse en Europe
Ich hoffe, Sie haben das neue Jahr gut begonnen. Während uns die Pandemie weiterhin belastet und begleitet, ist der Zusammenbruch und das Ende des populistischen Regimes in den USA ein Grund zu grosser Hoffnung, die auch Europa und unsere Beziehungen zur Union im neuen Jahr beflügeln wird. Auf der Agenda steht die Debatte und der Kampf um das Rahmenabkommen, der sich dieses Jahr entscheiden muss. Die Fakten sind ermutigend. Wie der beiliegende Bericht von Fabian Schmid zeigt, haben sich die Umfragen stets mehrheitlich für das Abkommen ausgesprochen. PolitikerInnen und Verbände, denen das nicht passt, ignorieren diese Tatsache und behaupten weiterhin, dass das Abkommen vor dem Souverän keine Chance habe. Darin lässt sich erkennen, wer in der Schweiz regiert: Es sind gewisse Verbände und deren Funktionäre, und den Medien gelingt es nicht, dies zu durchschauen. Je mehr man sich auf die Volkssouveränität beruft, umso weniger ernst wird diese genommen. Das gilt selbst für den Bundesrat, der die klaren europapolitischen Entscheidungen von Volk und Ständen in den letzten Jahren ängstlich ignoriert. Immer noch ist er mutlos geprägt durch die Angst vor der SVP und ihren ExponentInnen. Der Einbruch des Populismus und sein wahres Gesicht, wie wir es anfangs des Jahres in Washington erfahren haben, wird auch in der Schweiz nicht ohne Wirkung bleiben. Diese Politik, welche Ressentiments, Ängste, Frustrationen, Ausländerfeindlichkeit und romantische Vorstellungen der Souveränität bewirtschaftet und damit auch in den Medien übermässig Aufmerksamkeit geniesst, hat keine Antworten auf reale Probleme, sei es die Bekämpfung der Pandemie oder die Gestaltung Europas unter Berücksichtigung der geopolitischen Entwicklungen. Die Bevölkerung merkt dies zusehends.
Wir werden auch klar den Unterschied zwischen Brexit und der Schweiz hervorheben. Die Trennung und der Handelsvertrag lassen Grossbritannien vereinfacht gesagt auf die Grundsätze im Freihandelsvertrag von 1972 mit den EFTA-Staaten zurückfallen. Der Vertrag verzichtet mit Ausnahme Nordirlands auf den Verweis auf EU-Recht und hängt in zentralen Bereichen wesentlich von einseitigen Anerkennungen der Äquivalenz ab. Er schafft damit eine ganz andere Ausgangsbasis als die bilateralen Verträge mit der Schweiz, die im Wesentlichen auf der Übernahme von EU-Recht beruhen und über die Jahre einen viel tieferen Integrationsgrad als das neue Handelsabkommen der EU mit Grossbritannien beinhalten. Das neue Handelsabkommen bildet daher lediglich den Anfang eines neuen Bilalteralismus, mit all seinen Schwierigkeiten und Frustrationen. Der Economist nannte es am 2. Januar zutreffend Britain’s Swiss Role. Pikant ist dabei, dass die Schweiz und Grossbritannien in ihren Mind the Gap Verträgen so weit wie möglich die Errungenschaften des EU-Rechts bilateral weiterführen.
Für das Jahr 2021 sind unsere Ziele damit klar. Wir werden sie im Rahmen der PSE mit Nachdruck verfolgen und regelmässig darüber auf der Website und per E-Mail berichten. Wir arbeiten daran, zeitgemässe Antworten auf die Frage der Souveränität zu geben und die oft missverstandene Rolle des Europäischen Gerichthofes in der Streitbeilegung zu klären. Wir leisten unseren Beitrag auch damit, dass wir künftige Problemfelder identifizieren, die notwendige Abkommen mit der EU verlangen und daher über die sattsam bekannten drei Themen in den gegenwärtigen Verhandlungen (Lohnschutz, Sozialrechte, Subventionen) hinausgehen. Zu diesem Zweck haben wir drei Arbeitsgruppen gebildet zu Fragen der Klimapolitik, der digitalen Wirtschaft und der Migration. In allen drei Bereichen wird eine enge Zusammenarbeit mit der Union erforderlich sein und ein Rahmenabkommen daher unentbehrliche Grundlage bilden. Es würde mich freuen, wenn Sie sich für die eine oder andere Arbeitsgruppe interessieren. Der Kontakt mit den Mitgliedern ist mir und dem Vorstand ein wichtiges Anliegen.
Namens des ganzen Vorstandes wünsche ich Ihnen in diesem Sinne ein hoffungsvolles Jahr! Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Unterstützung. Durch die Pandemie bedingt werden wir die nächste Generalversammlung erneut erst im Herbst durchführen und freuen uns, Sie spätestens bei dieser Gelegenheit hoffentlich wieder live begrüssen zu können.
Mit besten Grüssen
Thomas Cottier, Präsident ASE
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