Eine Meinung, aber keine Ahnung von Daniel Woker
Die von den Finanzmilliardären der Private-Equity-Gesellschaft Partners Group angeführte und üppig finanzierte Kampforganisation Kompass/Europa gibt sich bieder bürgerlich, fördert aber mit ihrer EU-feindlichen Rhetorik den nationalkonservativen Populismus und Extremismus in der Schweiz.
Weil sie dank Tiefzinsperiode und mit einer tüchtigen Prise von Kasinokapitalismus im Steuerparadies Zug zu Finanzmilliardären geworden sind, glauben Alfred Gantner, Marcel Erni und Urs Wietlisbach, die drei Gründer der Partners Group, sie seien nun auch zur Politik berufen. Mit einer Initiative wollen sie zunächst den Bilateralen III, über die die Schweiz und die EU gegenwärtig verhandeln, den Garaus machen.
Kompass/Europa weiss, was sie nicht will – eine angebliche «Passivmitgliedschaft» der Schweiz in der EU –, aber nicht, wie der künftige Weg der Schweiz in Europa aussehen soll. Es wird vage auf überseeische Exportmärkte verwiesen sowie auf eine Fortführung bilateraler Zusammenarbeit auch ohne ein neues Abkommen mit der EU. Das ist unmöglich. Die zahlreichen Bereiche der Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU brauchen ein Dach, welches für beide gemeinsam ist, beide schützt und beide an anderen Problemen in Ruhe arbeiten lässt.
Von Brüssel einen Sonderweg allein für die Schweiz verlangen zu wollen, ist helvetischer Grössenwahnsinn. Höflicher, aber ebenso klar hat dies Brüssel gegenüber allen schweizerischen Unterhändlern immer wieder festgestellt. Entweder ein Abkommen mit institutionellen Bestimmungen oder ein schweizerisches (Wirtschafts-)Leben in der Kälte des europäischen Aussenseiters. Was in der Schweiz bislang von rechts-nationalistischen Populisten und Extremisten vertreten worden ist.
Finanzunternehmer und Mitläufer
Gehört Kompass/Europa mit ihrer lügnerischen Anti-EU Rhetorik nun nicht auch zu diesen, unbesehen der behaupteten Mittelstellung? Was die Partners Group sicher will, ist ihre offensichtlich lukrative Tätigkeit als Finanzdienstleistungsunternehmen ungestört von europäischen Regeln zum Schutz von Anlegern weiterführen.
Um mehr Publizität zu erlangen, hat sich Kompass/Europa mit einer Koterie helvetischer Prominenz von Kurt Aeschbacher bis Bernhard Russi umgeben. Was offensichtlich gelungen ist. Diese Promis haben sich von der trutzigen Rhetorik einer Tell-Schweiz einnehmen lassen, verstehen aber nicht, was für unser Land mit den Bilateralen III auf dem Spiel steht. Nicht nur der Verbleib im EU-Binnenmarkt, eingeschlossen Schengen und Dublin, sondern auch die Zukunft der Schweiz in Europa.
Schweiz zu klein
Kompass/Europa scheint keine Ahnung zu haben vom grossen Projekt der europäischen Einigung und den immensen Anstrengungen dahinter, unseren Kontinent wirtschaftlich und politisch auf Augenhöhe mit den Supermächten des 21. Jahrhunderts zu bringen. Die EU also, deren Vertreter sehen, dass die europäischen Länder einzeln weder wirtschaftlich noch politisch und schon gar nicht sicherheitspolitisch (Aggressor Putin!) in der Lage sind, sich gegenüber den Grossen (USA, China, Indien/ASEAN, dereinst wohl auch einmal Afrika) behaupten zu können. Man erinnert sich an den Ausspruch der ehemaligen deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel: «Deutschland allein ist zu klein». Was für die Schweiz in noch erhöhtem Masse gilt.
Der hier oft gehörte Einwand der unabhängigen innovativen Kleinschweiz als dem künftigen «Singapur Europas» fällt flach. Singapur, wo der Schreibende sechs Jahre lang die Schweiz vertreten hat, ist ein Vorreiter des internationalen Zusammenschlusses zur Bündelung aller gleichgesinnten Kräfte, weil seine Dirigenten wissen, dass nur so der chinesische Drache im Zaun gehalten werden kann.
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