Veranstaltungsbericht: Themenabend zur Begrenzungsinitiative

Am 27. September entscheidet die Schweizer Stimmbevölkerung über die Volksinitiative «Für eine massvolle Zuwanderung (Begrenzungsinitiative)». Die Vorlage verlangt die Kündigung der Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union, was laut Initianten zum Ziel hat, die Zuwanderung aus den Mitgliedstaaten eigenständig regulieren zu können. Über die Gründe der Initiative, deren Konsequenzen auf die Beziehungen der Schweiz zur EU und die Schweizer Wirtschaft, haben unsere Gäste im Generationenhaus Bern intensiv diskutiert.

Den Auftakt an der unter Sicherheitsmassnahmen aufgrund der Covid-19-Pandemie abgehaltenen Veranstaltung machte Mario Gattiker, Staatssekretär des Staatssekretariats für Migration SEM. Er zeigte den Anwesenden im Detail auf, was eine Annahme der Initiative bedeuten würde. Im Unterschied zur Masseneinwanderungsinitiative von 2014 sei die Ausgangslage bei der jetzigen Abstimmung deutlich: Bei einer Annahme muss laut Initiativtext das Personenfreizügigkeitsabkommen gekündigt werden. Für die EU ist die Personenfreizügigkeit (PFZ) eine der zentralen Pfeiler, eine Neuverhandlung stelle daher eine “Mission Impossible” dar. Gemäss Gattikers Ausführungen würden nach einer Kündigung der PFZ auch die restlichen Verträge der Bilateralen I wegfallen; dies liege an der im Abkommen integrierten Guillotine-Klausel. Diese garantieren der Schweiz einen Zugang zum Binnenmarkt, sowohl dem grössten Export- wie auch dem grössten Importmarkt der Schweiz. Ihre Kündigung hätten daher für die Schweizer Wirtschaft weitreichende Folgen. Das Referat von Staatssekretär Gattiker kann hier nachgelesen werden.

Nach dem Einführungsreferat diskutierten Regula Rytz, Nationalrätin Grüne Partei, Dr. Aliki Panayides, Geschäftsführerin SVP Kanton Bern und Professor Thomas Cottier, Präsident «Die Schweiz in Europa». Moderiert wurde die Debatte von Gion-Duri Vincenz, Bundeshauskorrespondent beim SRF.

Frau Panayides argumentierte, dass nur mit der Annahme der Initiative eine 10 Millionen Schweiz mit all den negativen Konsequenzen für die Umwelt, die Sozialwerke und die Lebensqualität verhindert werden könne. Dem entgegnete Frau Rytz mit dem bisherigen Abstimmungsverhalten der SVP im nationalen Parlament. Diese würden dort konsequent gegen eine nachhaltige Umweltpolitik und Reformen der Sozialwerke politisieren. Es sei unehrlich, wenn die Initianten jetzt genau diese Themen als Argumente für ihre Initiative ins Feld führen, so Rytz.

Für die Nationalrätin der Grünen ist klar, dass die Schweiz die Arbeitskräfte aus der EU braucht. Die Personenfreizügigkeit zusammen mit den eingesetzten flankierenden Massnahmen sicherten sowohl die Versorgung durch Fachkräfte wie auch die Löhne der Arbeitnehmer. Professor Cottier wies mit seinen Inputs vor allem auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen einer Annahme der Initiative hin. Die Initiative sei ein frontaler Angriff auf den Bilateralen Weg der Schweiz – ohne dabei eine Lösung aufzuzeigen, wie die Migrationsfrage überhaupt gelöst werden könnte.

In der anschliessenden Fragerunde mit dem Publikum zeigte sich, wie emotional die Initiative ist. Verschiedene Personen haben mit ihren persönlichen Geschichten gezeigt, dass es bei der Personenfreizügigkeit eben vor allem um Menschen geht.

Die Veranstaltung fand unter der Einhaltung von strikten Hygienemassnahmen statt und hat gezeigt, dass auch unter den erschwerenden Bedingungen fundierte und gute Diskussionen vor einem Publikum stattfinden können. Denn diese sind nötig für eine lebendige Demokratie!

Justin Grämiger, Vorstandsmitglied der Nebs Sektion Bern

 

Impressionen vom Anlass finden sich auf der Twitter– sowie der Facebookseite von La Suisse en Europe.

Voti federali 27.9.: No all’iniziativa di licenziamento dell’UDC!

In una dichiarazione pubblica, l’associazione La Suisse en Europe discute il motivo per cui l’iniziativa di licenziamento dell’UDC deve essere respinta con convinzione. L’iniziativa è un attacco alla nostra libertà, sulla via bilaterale e alle condizioni di lavoro eque.

Leggi il comunicato in tedesco
Leggi il comunicato in francese
Leggi il comunicato in italiano

Ein Meilenstein

08.06.2020

“Europe is there, strong, standing tall“. So die Worte von Ratspräsident Charles Michel nach Abschluss des Gipfels vom 17.-21. Juli 2020. Die Zahlen des Corona-Pakets (neben dem 7-Jahres Budget von 1074 Mia €) sind beeindruckend: 390 Mia à fonds perdu Beiträge (Grants) und 360 Mia Darlehen. Pro Kopf ergibt dies eine Summe von rund 1460 €. Entscheidend und neu ist, dass die Kommission erstmals EU-weite Anleihen aufnehmen kann. Die Mutualisierung der Schulden ist ein erster Schritt in die Fiskalunion und eine Entlastung der Europäischen Zentralbank. Viele sehen darin ein Hamiltonsches Moment: Die Übernahme der Kriegsschulden der Südstaaten 1790 bildete eine wesentliche Grundlage des neuen Bundessstaates und einer eigenständigen Finanzpolitik. Soweit ist es in Europa nicht, aber der Satz, dass Krisen die Union stärken, hat sich einmal mehr bewahrheitet.

Und wie reagiert die Schweiz als Zaungast darauf, in hohem Masse auf stabile Verhältnisse in den Nachbarstaaten angewiesen? Eine Verlautbarung der Regierung lässt sich nicht finden; eine Beteiligung am Paket inmitten des Binnenmarktes schon gar nicht. Die NZZ gefällt sich einmal mehr darin, das politische Spektrum Deutschlands rechts der CDU/CSU zu bedienen („Die EU sucht ihren Daseinszweck“, Leitartikel vom 25.7.2020). Abschätzige und kritische Kommentare finden sich in den Leserspalten. All das, nachdem das Corona-Hilfspaket des Bundesrates im Umfang von 60 Mia (rund 7‘000 Fr pro Einwohner) weitum begrüsst wurde. Man misst nicht mit gleichen Ellen und ist hierzulande von Vorurteilen gegenüber der Union geprägt. Nicht erstaunlich, dass das das Verhältnis mit der Schweiz angespannt bleibt. Mit der Mutualisierung der Unionsschulden ist der Abstand und das Gefälle zum Drittstaat in den Alpen diesen Sommer nochmals grösser geworden.

Thomas Cottier
Präsident ASE

Philippe G. Nell: Entscheidung über die Datenschutz-Äquivalenz des schweizerischen Datenschutzniveaus durch die Europäische Union und Privacy Shield mit den Vereinigten Staaten

Inwieweit könnte die Entscheidung der EU über die Datenschutz-Äquivalenz aufgrund der Verlangsamung unserer bilateralen Beziehungen im Zusammenhang mit den Verhandlungen über ein Rahmenabkommen auf Schwierigkeiten stossen? Nach mehrjähriger, sehr enger Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten und dem Bundesamt für Justiz an einem wichtigen internationalen Datenschutzdossier hat Philippe G. Nell sich näher mit dem Thema befasst.

Die Schweiz sollte die Äquivalenz erlangen, sofern ihre neue Gesetzgebung die EU-Kriterien erfüllt. Ein kürzlich geführtes Interview mit Didier Reynders, dem europäischen Kommissar für Datenschutz, bestätigt die positiven Absichten der Europäischen Kommission in einem Dossier, das durch eine Win-Win-Situation für die EU – die Bedeutung einer breiten Anwendung der Regeln durch ihre wichtigsten Partner – und für die Schweiz – einen bedeutenden Transfer von Personendaten von Schweizer Firmen in die EU und umgekehrt – gekennzeichnet ist. Darüber hinaus haben die Schweiz und die EU im Rahmen des US-EU Privacy Shield und des Swiss-US Privacy Shield eng zusammengearbeitet und werden in den kommenden Monaten nach der besten Lösung suchen, um dem Urteil des EuGH vom 16. Juli 2020 Rechnung zu tragen, mit dem der EU-US Privacy Shield für ungültig erklärt wurde.

Achtung: Eine frühere Version des Textes wurde ergänzt durch eine Einleitung, die neuen Punkte 4.4, 4.5, 4.6, eine Schlussfolgerung, ein Inhaltsverzeichnis und zahlreiche Verweise mit Internet-Links.

Lesen Sie die Analyse hier.

Philippe G. Nell war Leiter der schweizerischen Delegation für die Verhandlungen über den Swiss-US Privacy Shield (2015-2017) und für die ersten beiden Überprüfungen der Vereinbarung (2018, 2019), Leiter der interdepartementalen Arbeitsgruppe Privacy Shield (2015-19) in seiner Eigenschaft als Minister, Leiter des Sektors Amerika, SECO (2004-19). Er ist Mitglied des Vorstands der Vereinigung La Suisse En Europe.

Die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der Europäischen Union während der Pandemie

Die Schweiz hat während der Pandemie in pragmatischer Art und Weise die Zusammenarbeit mit der EU verstärkt. La Suisse en Europe hat die gemeinsam abgesprochenen Massnahmen und gegenseitigen Unterstützungen in verschiedenen Bereichen festgehalten. Sie zeichnen das Bild einer Schweiz, die im Rahmen grenzüberschreitender Solidarität und Kooperation zu beidseitigem Vorteil eng in Dispositive der EU eingebunden wurde. Dadurch offenbart sich, wie sinnlos eine blockierende Haltung in der Schweizer EU-Politik nach dem Ende dieser Krise wäre. Gute Beziehungen zur EU sind nicht nur in Krisenzeiten zum Vorteil der Schweiz. 

5G: Eine technologische Revolution, ihre geopolitischen Auswirkungen, strategische Herausforderungen für die EU und die Schweiz

ASE-Vorstandsmitglied Jean Zwahlen schreibt in einem neuen Paper über die geopolitischen Implikationen der 5G-Technologie und legt einen Schwerpunkt auf die Rollen der Schweiz und der Europäischen Union.

COVID-19: Anpassung der Massnahmen an der Grenze und Stärkung der regionalen Zusammenarbeit in den Grenzräumen

Die ASE und die Gesellschaft zur Förderungen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit rufen Bundesrat und Behörden auf, die massiven Einschränkungen des Grenzverkehrs zu überprüfen und unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Erkenntnisse und einer verstärkten regionalen Kooperation bei der Bekämpfung der Pandemie in den Grenzgebieten neu und offener unter Wahrung der Verhältnismässigkeit zu regeln.

Die Grundrechte gelten auch in der Krise

In einem Gastkommentar in der Neuen Zürcher Zeitung erinnern ASE-Präsident Thomas Cottier und Jörg Paul Müller daran, dass Grundrechte auch in Krisen gelten.

COVID-19: Notwendige Überprüfung der Grenzkontrollen

Es ist an der Zeit, Grenzkontrollen auf europäischer Ebene zu überprüfen. Es ist zu hoffen, dass die EU-Kommission hier für die Zukunft aktiv wird und gemeinsame Lösungen und Verhaltensregeln entwickelt. Die Schweiz kann und soll sich hier im Interesse ihrer Grenzgebiete und der gesamten Wirtschaft einbringen.

COVID-19: Notwendige Überprüfung der Grenzkontrollen

Es ist an der Zeit, Beschränkungen der Bewegungsfreiheit auf europäischer Ebene zu überprüfen. Es ist zu hoffen, dass die EU-Kommission hier für die Zukunft aktiv wird und gemeinsame Lösungen und Verhaltensregeln entwickelt. Die Schweiz kann und soll sich hier im Interesse ihrer Grenzgebiete und der gesamten Wirtschaft einbringen.