Die Europa-Initiative ist notwendig (Thomas Cottier)

Dreissig Jahre nach der knappen Ablehnung des EWR Vertrages und gut zwanzig Jahre nach dem Nein zur EU Beitrittsinitiative ist es an der Zeit, die Grundsatzfrage erneut zu stellen: Wollt Ihr Euch am Europäischen Integrationsprozess beteiligen? Und wollt Ihr, nach den gemachten Erfahrungen, diesbezügliche Ziele und Vorgaben in der Bundesverfassung verankern?

Seit dem Abschluss der bilateralen Verträge von 1999 und 2004 gab es in der für die Schweiz zentralen Beziehung zur europäischen Integration keine grösseren Fortschritte mehr. Ein Konsens über Ziel und Weg fehlt. Das bestehende, schrittweise gewachsene Vertragswerk erodiert und isoliert die Schweiz in Europa zusehends. Die Beziehung leidet am fundamentalen nationalkonservativen Widerstand gegen jegliche institutionelle Anbindung an die EU. Sie krankt am Vorrang protektionistischer Sonderinteressen, die eine unheilige Allianz unter dem Deckmantel der nationalen Souveränität verteidigt. Selbst der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen geopolitischen Veränderungen haben bis heute zu keinem Meinungsumschwung und spürbarem Fortschritt in den Verhandlungen geführt.

Eigentlich würde man das Gegenteil erwarten: Volk und Stände haben nach der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative im Jahre 2014 erneute Angriffe gegen die europäische Integration 2018 (Selbstbestimmungs-Initiative) und 2020 (Beschränkungs-Initiative) massiv mit 66 % bzw. 61 % der Stimmen abgelehnt. Die Politik hat sich daraus kein Mandat des Souveräns geholt, den Integrationsprozess der Schweiz voranzutreiben. Im Gegenteil. Sie ging zur parteipolitischen Tagesordnung der Interessenvertretung über. Bundesrat und Parlament, insbesondere der Ständerat, sind nicht bereit, vor den Wahlen zur nächsten Legislatur politisches Kapitel und Leadership für das Anliegen der Integration einzusetzen. Sie setzen damit vitale Interessen des Landes kurzsichtig auf Spiel. Die meisten Parteien sind in der Frage gespalten, wie es weitergehen soll. Man streitet sich über den Weg, ohne das Ziel zu kennen. Der Abbruch der Verhandlungen durch den Bundesrat am 26. Mai 2021 gegen den Willen der Kantone und ohne Zustimmung des Parlaments verspielte vollends das Vertrauen in einen gutgläubigen Verhandlungsprozess. Die EU Kommission und die Mitgliedstaaten trauen der Regierung nicht mehr und verlangen heute klare Zugeständnisse bereits in der explorativen Phase neuer Verhandlungen. Ob dies gelingen wird, ist heute offen und ungewiss. Eine Mehrheit der kürzlich befragten Bevölkerung ist mit Europapolitik gar nicht zufrieden und bestätigt damit den am 6. Dezember 2022 lancierten Aufruf für Europa.

Malaise und Politikversagen bilden so die Ausgangslage für die Europa-Initiative. Sie will im Grundsatz Klarheit über Ziele schaffen, so dass in der Politik auch ein Weg gefunden werden kann. Sie ist im Wortsinne notwendig, um die Beziehungen zur EU auf eine klare Grundlage zu stellen und die Handlungsfähigkeit der Schweiz erneut herzustellen. Sie wird vorab von einer jungen Generation getragen und ist damit zugleich auch Hoffungsträgerin. Mehr als 60’000 Personen haben sich innert einem Monat bereit erklärt, die Initiative zu unterstützen.

Der ausgewogene und verfassungswürdige Text ergänzt in Art. 54a BV die aussenpolitischen Ziele des Bundes und bekennt sich klar zur Beteiligung unseres Landes am Prozess der europäischen Integration. Das ist der angestrebte Grundsatzentscheid einer Mehrheit von Volk und Ständen. Er legt langfristig wirksame Ziele fest, ohne eben dazu einen bestimmten Weg vorzugeben und Institutionen in der Verfassung zu benennen. Diese Ziele umfassen auch den Schutz der Menschenrechte und gehen damit über den europäischen Binnenmarkt. Sie umfasst ebenso die kulturelle Zusammenarbeit und implizit in der Wissenschaft und der künftigen Sicherheitspolitik. Als Minimalstandards verankert sie institutionell die Mitsprache, die Streitbeilegung und materiell den Grundsatz gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort. Sie sieht Schutzklauseln namentlich zur Abfederung der Marktfreiheiten in der Gesetzgebung – und nicht in den Verträgen – vor. Diese können im Notfalle im Rahmen der bestehenden Verträge aktiviert werden. Das umfasst auch den Rekurs auf ein Streitbeilegungsverfahren und damit die Möglichkeit, verhältnismässige Ausgleichsmassnahmen in Kauf zu nehmen, die bei Opt-outs im Rahmen des bilateralen Weges Platz greifen, aber die Souveränität und letzte Kontrolle über die demokratische Gesetzgebung sicherstellen. All dies ist langfristig angelegt. Kurzfristig relevant sind die Übergangsbestimmungen. Sie verpflichten den Bundesrat, umgehend Verhandlungen aufzunehmen und dem Parlament 12 Monate nach deren Abschluss Bericht und Antrag unter Einschluss der gesetzlichen Schutzklauseln zu stellen.

Nochmals ist zu betonen, dass die Initiative die Wege zum Ziel offenlässt. Die Verfassung kann und soll diese nicht festlegen. Das haben wir aus der Ablehnung der Beitrittsinitiative (Ja zu Europa) im Jahre 2001 gelernt. Der Weg zum Ziel ist Aufgabe der Politik und muss mit Europa gemeinsam in Verträgen gefunden werden, unter Vorbehalt der genannten Minimalstandards der Verfassung. Die Verfassung legt allein die Grundlagen und gibt die Richtung vor. Die Initiative wahrt so die Aufgabenverteilung und Gewaltenteilung der Verfassung. Weder verpflichtet sie Bundesrat und Parlament auf die Fortsetzung des bilateralen Weges, noch zu einem EWR Beitritt oder einem Vollbeitritt. Sie lässt auch ein Viertes in einer neuen europäischen Architektur zu. Sie tritt nicht in Konkurrenz zum politischen Prozess und will vielmehr diesem beistehen, das Malaise durch klare Zielsetzungen seitens einer Mehrheit von Volk und Ständen zu überwinden. Sie nimmt nach ihrer Annahme Bundesrat und Parlament auch verfassungsrechtlich in die Pflicht. Sie präjudiziert weitere Volksentscheide über künftig vorgelegte Verträge nicht.

Man wird einwenden, dass die Initiative in dieser Beschränkung auf das Grundsätzliche nicht zielführend sei es zu lange daure. Aktuelle Probleme können so nicht unmittelbar gelöst werden. Diese Auffassung verkennt, dass die Ziele langfristig in der Verfassung angelegt werden. Der Text soll die nächsten Dekaden der Europapolitik durch einen Grundsatzentscheid prägen und die Richtung der vorgeben. Und vier bis sechs Jahre bis zur Abstimmung sind im Vergleich zur Stagnation seit 2004 immer noch eine kurze Zeit. Sie verkennt aber auch, dass bereits die Lancierung der Initiative während ihrer Laufzeit Wirkung im politischen Prozess entfalten wird. Im Wahljahr hält sie Europa auf der Agenda und trägt dazu bei, dass Verhandlungen nicht erneut verzögert und erst mit einer neuen EU Kommission im Jahre 2024 oder noch später aufgenommen werden. Sie trägt zur Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit bei und gibt der stillen Mehrheit eine Stimme. Sie setzt einen Kontrapunkt zur angekündigten Neutralitäts-Initiative und besetzt das Terrain positiv. Sie erzeugt als Prozess und unabhängig vom Ergebnis von unten her die erforderliche Bandenergie, welche Bundesrat, Parlament, Kantone und Parteien dazu zwingen, die Deutungshoheit der unheiligen Allianz endlich zu überwinden, Leadership zu entwickeln und die Handlungsfähigkeit der Schweiz wiederherzustellen. Sie unterstützt damit die laufenden Verhandlungen und allenfalls nachfolgende Ansätze, bis hin zur Mitgliedschaft in der Union. Sie unterstützt das Vorhaben für ein Europagesetz und weitere Bemühungen, die Grundsatzfrage zur Teilhabe am europäischen Integrationsprozess zu beantworten. Die Initianten sind überzeugt, dass sie die Grundlage einer breiten Europaallianz bilden und der Auftrag des Souveräns von der Politik in Zukunft auch ernst genommen wird.

Tragen Sie aus all diesen Gründen mit Ihrem Engagement die Europa-Initiative mit.  Ermöglichen Sie, der jungen Schweiz, die Initiative zu ergreifen und politische Arbeit zu leisten, dank Ihrer ideellen und materiellen Unterstützung. Die Allianz baut auf ein demokratisches Crowdfunding, um den geplanten Finanzbedarf von Fr. 500’000 für eine erfolgreiche Lancierung der Initiative zu realisieren. Namens der Allianz mit besten Dank!

L’Initiative Europe est dans les starting-blocks : un crowdfunding doit permettre son lancement

L’Alliance Europe veut aller de l’avant avec son initiative. Notre patience a des limites après que, la semaine dernière, le Conseil des États a reporté pour la troisième fois la décision sur une loi sur l’Europe. Il manque le capital de départ nécessaire pour son lancement. C’est pourquoi une action de crowdfunding visant à récolter 500’000 francs jusqu’en janvier 2023 devrait permettre de lancer l’Initiative Europe.

Lors de sa conférence de presse d’aujourd’hui sur la Place Fédérale, l’Alliance Europe a symbolisé la période glaciaire qui règne entre la Suisse et l’Union européenne (UE) par un énorme bloc de glace.

Les objets gelés dans le bloc de glace illustrent le fait que la coopération avec notre principal partenaire est figée, notamment dans les domaines de la culture, de la recherche, de l’éducation et de l’approvisionnement énergétique. Les négociations en vue d’une solution institutionnelle sont gelées. Les Suissesses et les Suisses sont de plus en plus nombreux·euses à en ressentir les conséquences négatives.

La patience a ses limites : le Conseil des États reporte sa décision pour la troisième fois

Vendredi dernier, le dossier européen est tombé en dessous du point de congélation : pour la troisième fois déjà, la Commission de politique extérieure du Conseil des États (CPE-E) a reporté sa décision sur une loi sur l’Europe à l’année prochaine.

« La patience a ses limites, nous ne voulons plus attendre un Parlement et un Conseil fédéral qui ne misent que sur les temporisations et les manœuvres en coulisses en matière de politique européenne », a déclaré Maxime Barthassat, Coprésident de l’Union des Étudiant-e-s de Suisse, devant les médias.

L’Alliance ne veut plus attendre la décision du Parlement sur la loi sur l’Europe qui s’éloigne toujours plus mais passer aux choses sérieuses et déposer l’Initiative Europe à la Chancellerie fédérale au début de l’année prochaine. Ça suffit d’attendre !

Lancement du crowdfunding : l’Initiative Europe a besoin de 500’000 francs jusqu’en janvier

L’initiative est dans les starting-blocks, il ne reste plus qu’un obstacle : « Nous avons une alliance motivée, un texte d’initiative efficace, le courage de nous attaquer réellement à la politique européenne. Il ne manque que l’argent nécessaire”, a déclaré Sanija Ameti, Coprésidente d’Opération Libero.

Avant le lancement, le capital de départ pour l’Initiative Europe doit être réuni. Le plan : récolter 500’000 francs grâce à un crowdfunding d’ici janvier. Pour mettre fin à la période de glaciation entre la Suisse et l’UE, il faut s’habiller chaudement. Pour cela, il faut des moyens financiers.

L’Alliance Europe en est convaincue : cette sortie de l’impasse européenne ne doit pas échouer pour des raisons financières. Nous comptons sur le soutien de nombreux·euses petit·es donateur·trices et d’acteurs de la société civile qui souhaitent une collaboration constructive et stable entre la Suisse et l’UE.

Mettre fin à la glaciation avec l’UE : l’Initiative Europe stipule les objectifs de la politique européenne

Si ni le Conseil fédéral ni la majorité du Parlement ne font leur travail en matière de politique européenne, alors il faut une politique d’opposition constructive issue de la société civile. « L’Alliance Europe est dans les starting-blocks pour assurer le dégel de la politique européenne dont nous avons besoin de toute urgence », commente Aline Trede, présidente du groupe parlementaire des Vert-e-s, à propos du projet commun des forces progressistes de la société civile et de la politique.

L’Initiative Europe est l’instrument adéquat : elle règle les bases à long terme de la politique européenne de la Suisse et oblige le Conseil fédéral à clarifier les questions institutionnelles avec l’UE (texte de l’initiative à télécharger). Elle lui laisse une marge de manœuvre pour la mise en œuvre.

L’Alliance Europe regroupe Opération Libero, Les VERT-E-S suisses, La Suisse en Europe, Suisseculture, l’Union des Étudiant-e-s de Suisse UNES, Volt Suisse.

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