Das Waterloo der schweizerischen Aussenbeziehungen von Daniel Woker

Ein selbst verschuldeter triple whammy hat das Ansehen der Schweiz, ihrerhöchsten Vertreter und ihrer Aussenpolitik auf den tiefsten Stand seit demZweiten Weltkrieg gebracht: Festgefahrene Europapolitik, feige Haltunggegenüber der um ihre Existenz kämpfenden Ukraine und nun die Kernschmelzeder Credit Suisse, welche die Landesmarke im Namen trägt.

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Solidarität statt Neutralität von Hans-Jürg Fehr

Es sind zwei sorgsam gepflegte Lebenslügen, die die Schweiz daran hindern, ihre Stellung in der Welt richtig zu sehen und ihr aussenpolitisches Handeln danach auszurichten: Die Lebenslüge immerwährende Neutralität und die Lebenslüge Kleinstaat.

Discours de Maros Sefcovic Vice-Président de la Commission Européenne EU-Switzerland Relations Université de Fribourg 15 mars 2023

Philippe Nell rend compte de la conférence du 15.3.23 du vice-président de la Commission, Maroš Šefčovič, à l’Université de Fribourg. Un événement mémorable qui restera dans les annales des relations Suisse-UE.

Buchrezension « Martin Gollmer, Plädoyer für die EU: Warum es sie braucht und die Schweiz ihr beitreten sollte, NZZ Libro, Basel 2022, 199 S. » (Thomas Cottier)

Ein Fahnenschwinger mit blauer Europafahne vor dem Schwarzmönch und dem Lauterbrunner Breithorn. Aufgenommen vielleicht im Jahre 2050 – einige Jahre nach dem späten Beitritt der Schweiz zur Europäischen Union. So wie das Schweizerkreuz im späten 19. Jahrhundert die alte Bernerfahne beim Schwingen ablöste, schwingen sich nun im 21. Jahrhundert die gelben Europasterne in den Himmel vor den Berner Alpen, die in der Geschichte manchen politischen Wechsel unverändert überstanden haben. Ein Symbol des Wandels, und multipler Identitäten zugleich, die sich nebeneinander vertragen. «Unsere Heimat ist die Schweiz, aber die Heimat der Schweiz ist Europa». Der Satz Peter von Matt’s steht dem Buch zum Geleit.

Das Titelbild ist so Programm im Plädoyer von 2022: Es legt sachlich, aber engagiert die Gründe für einen Beitritt zur EU vor. Dies in einer Zeit, in der diese Option selbst in der Sackgasse des bilateralen Wegs keine Mehrheiten findet, und nur Wenige sich mutig dafür auszusprechen wagen. Der Autor greift hier nüchtern auf Umfragen aus dem Jahre 2017 zurück, in denen sich lediglich – aber immerhin – 38 Prozent der Befragten als EU freundlich zeigen – mehr als im Mitgliedland Österreich (18/19). Jüngere Umfragen bestätigen, dass 38 Prozent der Auffassung sind, dass die Schweiz von einem Beitritt profitieren würde; die meisten Mitte-Links im politischen Spektrum (Tina Freyburg, Chancenbarometer 2022). Höher ist die Zahl, die eine schrittweise Annäherung und damit das Rahmenabkommen vom 23. November 2018 vor dem einseitigen Abbruch der Verhandlungen vom 26. Mai 2021 durch den Bundesrat begrüsst hatten. Die Umfragen lagen regelmässig bei über 60 Prozent. Weitere Umfragewerte (109) bestätigen diesen Befund.  Gleichwohl teilt der Autor die Auffassung, dass eine Abstimmung über das Rahmenabkommen ohne eine breite Koalition nicht hätte gewonnen werden können (101). Wie auch immer, die Notwendigkeit guter Beziehungen ist jedenfalls im Volk stärker verankert als in der Parteipolitik, und so wird das vorliegende Buch in der Gesellschaft auf offene Ohren stossen. Das dürfte sich mit dem Ukraine-Krieg weiter verstärken.

Das Buch vermittelt im ersten Teil eine Momentaufnahme zum Stand und zur Entwicklung der Europäischen Union mit all ihren Nachteilen. Diese gehen teilweise aber mehr auf Defizite in den Mitgliedstaaten selbst zurück, auf die nicht näher eingegangen wird. So wird der Austritt Grossbritanniens aus der Union als Schwäche der EU dargestellt (23) und weniger als Verfassungskrise der Insel, die auf dem Kontinent zu einer Stärkung der Integration geführt hat. Der Austritt bringt die Vorteile einer Mitgliedschaft offen zu Tage. Der Autor geht davon aus, dass Grossbritannien ausserhalb der EU gut bestehen kann (was man bezweifeln mag). Er stellt aber überzeugend dar, dass dies für die Schweiz auf Grund ihrer Lage und Integration keine Option sein kann (28). Erneut als Schwäche der EU – und nicht der Mitgliedstaaten – werden die Defizite in der Umsetzung der Rechtstaatlichkeit in Polen und Ungarn beschrieben. Eine stärker historische Betrachtung würde ergeben, dass dieselben Probleme anfänglich auch im Westen bestanden. Noch heute hat das deutsche Bundesverfassungsgericht Vorbehalte gegen den Vorrang des EU-Rechts. Die rechtliche Integration ist ein geschichtlicher Prozess, vor allem in den Mitgliedstaaten. Er muss auf die Zeitachse gelegt werden, was in der Momentaufnahme zu kurz kommt. Das gilt auch für die Migrationspolitik (32) und die Staatsverschuldung der Mitgliedstaaten (36). In der Aussenpolitik erweist sich das Erfordernis der Einstimmigkeit als Nachteil (41). Anzufügen wäre, dass deren Kernstück – die Gemeinsame Handelspolitik – seit Beginn dem Mehrheitsprinzip unterliegt und heute erfolgreich wie in einem Bundesstaat funktioniert. Sie hätte im Buch mehr Raum verdient, da sie m.E. der Schweiz bei einem Beitritt wichtige Vorteile verschaffen würde, welche das schweizerische Netz bilateraler Verträge neben der WTO nicht zu leisten vermag. Die fehlende europäische Öffentlichkeit und Identität werden zu Recht festgestellt (48). Doch stellt sich auch hier die Frage, wie stark sie auf eine national ausgerichtete Politik- und Medienlandschaft zurückzuführen sind. Der Wetterbericht beschränkt sich immer noch auf die Landesgrenzen. Das Demokratiedefizit der Union selbst kommt in einer gut gelungenen Darstellung zum Ausdruck, vor allem durch das noch fehlende Initiativrecht des Europäischen Parlaments (52) und die fehlende Trennung von Exekutiv- und Legislativfunktionen der Kommission. Ein Vergleich mit der Schweiz würde indessen zeigen, dass auch der Bundesrat und die Verwaltung eine sehr starke legislative Funktion ausüben (Gesetzesvorschläge, Verordnungsrecht) und dies hier wie in andern Mitgliedstaaten nicht als eine Schwäche wahrgenommen wird. Das gleiche gilt auch für den Vorwurf, dass zu viele Fragen ausserhalb der Union gelöst werden (55), obgleich die schweizerischen Kantone das Gleiche mit ihren Konkordaten schon lange tun. Viele der angesprochenen Defizite gehen so eher auf die Mitgliedstaaten zurück.

Im Zentrum des ersten Teils stehen weiter die bisherigen Errungenschaften des europäischen Integrationsprozesses. Die Lektüre ruft ins Bewusstsein, wie selbstverständlich wir diese nehmen (57). Das gilt für die erfolgreiche Integration ehemaliger Diktaturen, den Beitrag an den europäischen Frieden, die Unterstützung strukturschwacher Gebiete und vor allem für die Errungenschaften des Schengen-Raums und des Binnenmarkts mit seinen vier Freiheiten, von denen ja gerade die Schweiz als Trittbrettfahrerin und De-facto-Mitglied enorm  profitiert hat (Bertelsmann Stiftung 2019). Das Buch vermittelt Leserinnen und Lesern hier ein wertvolles Kompendium mit Zahlen und Hinweisen. Das gleiche gilt auch für die Bedeutung der Währungsunion (83). Hervorzuheben ist, dass die EU in der Pandemie erstmals zur Vergemeinschaftung und Mutualisierung von Schulden und damit zu für alle Mitgliedstaaten einheitliche Zinskosten schritt, was zu Recht als Hamiltonian moment Europas genannt werden darf: Die USA als Bundestaat kam zustande, nach dem die Union die Schulden der besiegten Kolonien übernommen hatte. Der Autor verzichtet in der Folge darauf, einen Blick in die Zukunft zu wagen, die im Prozess der Geschichte auf Stufe der Union zu einer stärkeren und demokratischeren Bundesstaatlichkeit führen dürfte bis zum Zeitpunkt eines künftigen schweizerischen Beitritts. Sie wird so auch die Sicherheitspolitik umfassen, die im Werk nicht näher zur Sprache kommt.

Der zweite Teil des Werks setzt sich mit der Schweiz in Europa auseinander und plädiert für den Beitritt mit überzeugenden Argumenten. Er betont die gemeinsamen Werte der Schweiz und der Union (93). Der Autor rekapituliert konzise den bilateralen Weg seit dem Freihandelsabkommen von 1972 und analysiert die heutige Unsicherheit des bilateralen Wegs (103). Er zeigt auf, wie stark die Schweiz schon heute EU-Recht ohne jede Mitbestimmung und selbst weitgehend ohne Mitsprache übernimmt und dass ein Beitritt aus dieser Sicht einen klaren Souveränitätsgewinn mit sich bringt (106). Interessant sind hier vor allem auch die Hinweise auf Umfragewerte von 2022: 83 Prozent der Befragten stehen einer verstärkten wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der EU positiv gegenüber (109/110), die ein zusätzliches Wirtschaftswachstum mit sich bringen würde (111/112).

Das Plädoyer für den EU Beitritt diskutiert in der Folge die Auswirkungen eines Beitritts auf die Schweiz. Es zeigt die Einflussmöglichkeiten der mittleren Handelsmacht auf, die durch Koalitionen und das Einstimmigkeitserfordernis bei Vertragsänderungen gegenüber heute als De-facto-Mitglied massiv gestärkt würde (118) und somit den Souveränitätsgewinn einer Mitgliedschaft bestätigt. Der jährliche Nettobeitrag würde mit 3,3 Milliarden Franken weniger als 1 Prozent des BIP ausmachen (121). Das Identitätsmerkmal der Neutralität kann formell aufrechterhalten werden, zeigt aber im Kontext des Ukraine-Kriegs, dass materiell Anpassungen damit verbunden sein werden (127). Das gleiche gilt auch für die direkte Demokratie (135). Hier ist das Plädoyer vielleicht zu optimistisch. Wer ist sicher, ob die EU der Schweiz – und damit den kleinen Kantonen – in den Beitrittsverhandlungen eine Sperrminorität für die Änderung der EU-Verträge im Rahmen des obligatorischen Staatsvertragsreferendums einräumen wird, solange das Einstimmigkeitsprinzip noch gilt? Initiativen im Widerspruch zum EU-Recht dürften kaum mehr lanciert werden und hätten mit Blick auf mögliche Folgen an der Urne auch kaum eine Chance. Vielmehr ist hier wichtig zu betonen, dass lediglich rund 50 Prozent der Gesetzgebung in der Schweiz vom EU-Recht betroffen sind und mögliche Einschränkungen durch den Souveränitätsgewinn bei der Ausarbeitung des EU-Rechts mit voller Mitsprache kompensiert werden. Das Gleiche gilt auch für die Einflüsse auf den Föderalismus, der formell nicht verändert, in der Praxis aber durchaus Anpassungen und Verschiebungen erfahren dürfte. Allein die massive Erhöhung der Mehrwertsteuer würde einen Umbau des föderalistischen Steuersystems nach sich ziehen (150). Das gleiche gilt auch für das Währungssystem (147). Die Übernahme des Euro, soweit keine Ausnahme ausgehandelt werden kann, würde auf starken Widerstand stossen. Sie hat aber auch Vorteile, nicht nur für die Senkung von Transaktionskosten (148), sondern vor allem auch für den Tourismus und die Berggebiete.

Wichtig ist die Einsicht des Autors, dass sich Verschiebungen und Anpassungen bereits heute aufdrängen, unabhängig vom Beitritt (143). Das gilt vor allem für die Anpassungen der politischen Institutionen, die heute und auch ohne Beitritt die Interessen der Schweiz in Europa nicht mehr optimal wahrzunehmen in der Lage sind. Allein der Stand der bilateralen Verhandlungen legt hier Zeugnis davon ab. Der Autor stimmt hier mit den neusten Untersuchungen von Matthias Oesch und David Campi (2022) überein. Auch hier zeigt sich, dass der Reformbedarf weniger auf der Ebene der EU, sondern bei Mitgliedstaaten und potentiellen Mitgliedern liegt, nicht nur im Südosten Europas, sondern gerade auch in der gefestigten Demokratie inmitten des Kontinents mit ihrer direkten Demokratie und einer auf Konsens ausgerichteten politischen Kultur. Eine Beitrittsperspektive bietet Chance und Impetus, sonst kaum mögliche Reformen endlich an die Hand zu nehmen. Währungspolitik, kantonale Steuerprivilegien und der geschützte Teil der Binnenwirtschaft mit der Hochpreisinsel, das Gewerbe und die Landwirtschaft (152) werden sich als grosses Hemmnis erweisen, da sie Änderungen am stärksten ausgesetzt sein werden. Dem vorliegenden Werk kommt das Verdienst zu, dass es diese Herausforderungen aufnimmt, um den «Stier bei den Hörnern zu packen und den Beitritt zu wagen» (166) und um die Debatte argumentativ vorzubereiten. Dazu leistet das Werk einen wichtigen Beitrag zum heutigen Stand des europäischen und schweizerischen Integrationsprozesses.

Thomas Cottier

Bersets Bankrotterklärung (Daniel Woker)

Alain Berset drängt im Ukrainekrieg auf eine Verhandlungslösung mit Russland, und zwar «je früher, desto besser». Einem Entgegenkommen gegenüber europäischen Ländern bei deren Bemühen, die Ukraine mit Waffen und Munition zu versorgen, erteilt er eine Absage.

In der «NZZ am Sonntag» findet Bundespräsident Berset am heutigen 12. März wohltönende Worte zu Neutralität, humanitärer Mission der Schweiz und dem Standort Genf. De facto bedeutet dies jedoch eine Bankrotterklärung der gegenwärtigen Politik der Schweiz gegenüber dem Aggressionskrieg, den Putins Russland gegen die Ukraine und das demokratische Europa losgetreten hat.

Neutralität und Kriegsmaterialausfuhr

Der vermeintlich harte Kern der Neutralität und das Gesetz zur Kriegsmaterialausfuhr: zwei Hauptgründe, welche für die schweizerischen Nationalisten – zu denen sich nun Berset zu gesellenscheint – gegen eine robustere Unterstützung der Ukraine sprechen, halten einer Überprüfung nicht stand.

Neutralität ist eines von mehreren Mitteln, eine vernünftige Aussenpolitik zu führen. So sieht es die Bundesverfassung vor. Wo Neutralität nicht zweckdienlich ist, soll sie auch nicht angewandt werden. In einem nackten Aggressionskrieg, so sehen es die heute geltenden, im Rahmen der UNO festgelegten Regeln des Völkerrechts vor, hat der Angegriffene jedes Recht, sich zu verteidigen und dafür auf die Hilfe jener zu bauen, welche seine Werte teilen. Sich hier auf die Haager Landkriegsordnung, einen alten völkerrechtlichen Vertrag zu berufen, welcher unter den völlig anderen Umständen des 19. Jahrhunderts entstand, ist sicherheitspolitisch absurd, völkerrechtlich falsch und in der Wirkung amoralisch. Im Ukrainekrieg gibt es also weder einen völkerrechtlichen Grund noch eine moralische Rechtfertigung, die Neutralität anzurufen.

Das Gesetz über die Ausfuhr von Kriegsmaterial und speziell seine Verschärfung kurz vor dem Angriff Putins auf die Ukraine hat den Zweck, Ausfuhren zu verhindern in Konfliktgebiete, in denen eine Unterscheidung zwischen Angreifer und Opfer nicht klar ist. Keineswegs aber soll durch dieses Gesetz eine Unterstützung von Gegenwehr gegen einen Angriff auf Grundwerte, die auch diejenigen der Schweiz sind, verhindert werden. Zudem weiss Berset, dass auch unter diesem Gesetz die Bewilligung zur Weitergabe von Kriegsmaterial, das Dritten gehört, ohne weiteres möglich ist; wenn nötig mit Notrecht.

Der Mut der Viola Amherd

Neutralität ist zwar selbst auferlegt – und kann damit auch jederzeit vom Neutralen einseitig aufgegeben werden –, ist aber zwingend vom Interesse von Drittparteien zugunsten dieser Neutralität abhängig. Dieses Interesse ist im Fall Ukraine, sieht man vom Kriegsverbrecherregime in Russland ab, in keiner Art und Weise gegeben. Dass unsere westlichen und europäischen Partner die schweizerische Neutralitätsanrufung verstehen würden, ist eine glatte Lüge. Das Gegenteil ist der Fall. Das einzige Mitglied unserer Landesregierung, welches den Mut hatte, dies öffentlich zu sagen, ist Verteidigungsministerin Viola Amherd. Sie hat denn auch die Weitergabe von eingemotteten Leopard-2-Panzern an Deutschland im Ringtausch mit der Ukraine als sicherheitspolitisch ohne weiteres möglich bezeichnet.

Dass nun die Schweizerische Offiziersgesellschaft das Gegenteil behauptet, ist ein Affront. Als Akt von Subordination gegen die höchste Chefin sollte sie eigentlich militärgerichtlich verfolgt werden. Zudem ist es auch höchst erstaunlich, wenn sich ausgerechnet aktive Offiziere so für die Schwächung der schweizerischen Rüstungsindustrie einsetzen. Ein Vertreter eines friedlichen europäischen Landes, welches bislang Rüstungsmaterial in der Schweiz gekauft hatte, meinte gegenüber dem Schreibenden, sie würden sich das in der Zukunft zweimal überlegen, wenn im Konfliktfall mit wegen Berufung auf die Schweizer Neutralität auch mit Ausfuhrverboten für Ersatzteile gerechnet werden müsse.

Humanitäre Mission und Genf

Vollends irrt Berset, wenn er zur Verteidigung der gegenwärtigen Ukrainepolitik sich auf die humanitäre Tradition der Schweiz, verbunden mit dem Engagement für den Uno-Standort Genf, beruft. Beides sind hehre Aufgaben, haben indes nichts mit dem gegenwärtigen Stand der Ukrainekrise zu tun. Und wenn schon humanitäre Mission, warum dann nicht eine massive Erhöhung der humanitären Hilfe an die Ukraine? Dazu gehörte heute eine direkte Budgetunterstützung an Kyiv, damit die Regierung Löhne, Lebensmittel und weitere Notwendigkeiten des täglichen Bedarfsbezahlen kann. Berset und vor allem Finanzministerin Keller-Sutter wissen genau, dass dies der Schweiz auch ohne Belastung des eigenen Budgets möglich wäre, wenn sie nur den politischen Mut dazu hätte.

Genf ist und bleibt der zweite Hauptsitz der UNO. Falls dort tatsächlich einmal Verhandlungen stattfinden sollten – im Moment ist nicht abzusehen, dass dies mit Putin in Russland {und nicht in Den Haag vor dem internationalen Strafgerichtshof je möglich sein wird – dann kommen alle Parteien in der Rhônestadt zusammen und nutzen die dort vorhandenen Strukturen, ganz unabhängig von Entscheiden der schweizerischen Politik.

Die Aussagen Bersets, einem sozialdemokratischen, eigentlich als offenen geltenden Magistraten, sind ein Schlag ins Gesicht für all jene, welche sich weiterhin den nationalistischen Strömungen entgegenstellen und für eine offene, europa-affine, wertegeleitete Aussenpolitik der Schweiz einsetzen. Man möchte Berset raten, anstatt im Neutralitätsschneckenhaus zu verharren, die nach wie vor bestehenden Wirtschaftsverbindungen zwischen Russland und der Schweiz näher anzusehen. Nicht zuletzt die Geschäfte, welche die internationalen Handelsgesellschaften mit Sitz in der Schweiz abwickeln.

Dieser Artikel wurde am 12. März zunächst im Journal21 veröffentlicht, der Autor hat La Suisse en Europe die Erlaubnis erteilt, den Artikel auch auf dieser Seite abzubilden.

Suisse-Europe : une lucarne d’opportunité ? (Paul Fivat)

Paul Fivat analysiert in seinem Aufsatz die aktuelle Lage der schweizerischen Europapolitik, unter Einbezug sicherheitspolitischer Fragen. Seine Überlegungen bestärken den Weg hin zu einem neuen Pakt bilateraler Verträge und rät von der Wiederaufnahme des EWR ab. Der Beitritt erscheint als ein zu weit gestecktes Ziel. Die Europa-Initiative soll zum Zuge kommen, wenn die Verhandlungen erneut scheitern sollten. Verstetigte Beiträge zum Kohäsionsfonds und die Bewilligung der Wiederausfuhr von schweizerischem Kriegsmaterial an die europäischen Partner begleiten was Paul Fivat als lucarne d’opportunité bis zu den Neuwahlen des Europäischen Parlaments und einer neuen Kommission im Frühjahr 2024 bezeichnet. 2023 ist für die Europapolitik der Schweiz ein entscheidendes Jahr.

Die Weitergabe von schweizerischem Kriegsmaterial im Eigentum von NATO Staaten und ihren Verbündeten an die Ukraine ist nach geltendem Recht zulässig (Thomas Cottier)

Eine vertiefte rechtliche Abklärung zeigt, dass der Bundesrat auf Grund des geltenden Rechts zuständig ist, die Freigabe von Kriegsmaterial schweizerischer Herkunft im Eigentum von NATO Staaten und deren Verbündeten ohne Verletzung der Neutralität an die Ukraine freigeben kann. Das Recht der Vereinten Nationen entbindet die Schweiz davon, Russland als Aggressor in der Folge gleich zu behandeln. Es geht dem Gleichbehandlungsgebot des Neutralitätsrechts vor.

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State of Play of Swiss-EU Negotiations (Thomas Cottier/Matthias Oesch)

Die Beiträge wurden im Rahmen eines Treffens im Europaparlament am 18.01.2023 von Thomas Cottier und Matthias Oesch präsentiert. Das Treffen erfolgte auf Einladung des Vorsitzenden, MEP Andreas Schwab.

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NON-Paper on a possible update of the bilateral agreements between the EU and Switzerland (Andreas Schwab, MEP)

Andreas Schwab vertritt Baden Württemberg im Europäischen Parlament und engagiert sich auf Ebene der Parlamentarier für die Verbesserungen der Beziehungen Schweiz-EU, die ihm durch die enge Nachbarschaft am Herzen liegen. Am 24.10.2022 legte der das beiliegende Non-Paper vor, das aus Diskussionen mit schweizerischen Parlamentarier:innen hervorgegangen ist.

The Contribution of Switzerland to European Stability and Sustainability of Electricity (Thomas Cottier)

In the wake of the war in Ukraine, soaring energy prices in Europe, and increasing demands for electricity in the process of decarbonisation for production, heating and transportation, the main-stream focus of the political debate in Switzerland has been on further enhancing self-reliance and independence in electricity.