Article de Jean Zwahlen: «La Saga du Brexit. Quelques pistes de réflexion pour notre accord institutionnel »

Article de Jean Zwahlen sur le Brexit et les leçons que la Suisse peut en tirer pour l’accord-cadre : « Nous devrions donc suivre attentivement ce qui se passe au RU et en tirer les leçons avant de prendre des décisions irrémédiables sachant que nous n’avons pas la taille ni le poids du RU. »

Thomas Cottier: Die Alternative zum institutionellen Rahmenabkommen heisst Warten – lange Warten

Was es heute braucht, ist der Mut, das Rahmenabkommen zu unterschreiben auch wenn nicht alle Fragen gelöst sind. Die Öffentlichkeit, Bundesrat, Parlament und Volk müssen jetzt ihre Hausaufgaben machen und in Europa am Goodwill der Schweiz als eines ihrer wichtigsten Güter arbeiten.  Ein Übungsabbruch bewirkt das Gegenteil und ist nicht im Interesse des Landes.

Thomas Cottier: Rahmenabkommen mit der EU: das Schweizervolk muss entscheiden

von Thomas Cottier

Der Bundesrat wählte ein Verfahren, das in Verfassung und Gesetz nicht vorgesehen ist. Ohne den Rahmenvertrag zu unterzeichnen, schickte er ihn Anfangs 2020 in eine breite Vernehmlassung bei Parteien, Verbänden und Kantonen. Ohne ausführliche Darlegung des Vertrages wurde er Opfer von Missverständnissen und akkumulierten Sonderinteressen, die ohne Rücksicht auf die Anliegen der Union verteidigt werden. Nachverhandlungen wurden gefordert, ein erneuter Reset und rote Linien betont, die allein innerstaatlichem und parteipolitischem Kalkül entspringen und entsprechen. Die patriotische Fundamentalopposition nationalkonservativer Kreise erhält Verstärkung aus dem Finanzsektor, der eine strengere Marktkaufsicht über seine Geschäfte seitens der EU abwenden will.

Das Ergebnis ist bekannt. Mit wesentlichen Änderungen kann nicht gerechnet werden. Bundesrat und Politiker erwägen jetzt den Übungsabbruch, ohne Rücksicht auf die grossen Schwierigkeiten für die Wirtschaft und auf die Versorgung mit medizinischen Gütern, gerade in Zeiten der Pandemie.

Öffentliche Umfragen haben regelmässig eine Unterstützung des Rahmenabkommens von über 60% an den Tag gelegt. Volk und Stände haben 2018 die Selbstbestimmungsinitiative mit 66.3% und die Kündigungsinitiative 2020 mit 61.7% abgelehnt. Beide Befunde werden in der Politik nicht zur Kenntnis genommen. PolitikerInnen behaupten weiterhin, dass das Rahmenabkommen ohne Anpassungen in einer Volksabstimmung keine Chance habe. Hinter solchen Aussagen stecken Sonderinteressen, und nicht das Gemeinwohl des Landes. Wenn der Bundesrat jetzt die Verhandlung abbricht, so kommt dies einem Kniefall nicht nur vor nationalkonservativen Kreisen gleich. Er knickt ein gegenüber all den kumulierten Sonderinteressen, die umgekehrt die Verantwortung für die wirtschaftlichen Folgen dem Bundesrat in die Schuhe schieben werden.

Aus diesem Grunde muss der Bundesrat den Vertrag endlich unterschreiben und dem Parlament mit seinem Antrag weiterleiten. Als Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben wir ein Recht darauf, dass der Vertrag im Parlament debattiert wird und in der Folge dem einfachen Referendum unterstellt wird, wie dies der Bundesrat ausserhalb einer verfassungsrechtlichen Verpflichtung klugerweise für das Freihandelsabkommen von 1972 getan hatte. Nur ein Volksentscheid kann letztlich den Weg aus einer verfahrenen Situation finden und die weitere Spaltung des Landes verhindern. Nur das Volk kann letztlich die Verantwortung für einen derart wichtigen Entscheid in der direkten Demokratie übernehmen. Und nur ein Volksentscheid wird letztlich von der Europäischen Union als legitime Entscheidung anerkannt werden.

Thomas Cottier: Das missverstandene Streitbeilegungsverfahren im Rahmenabkommen mit der EU

Jahrzehntelang hat sich die EU geweigert, die Beziehungen zur Schweiz einem allgemeinen gerichtlichen Streitbeilegungsverfahren zu unterstellen. Nun ist sie bereit, und es ist offensichtlich, dass die Schweiz mit diesem Verfahren nur gewinnen kann.

Das Streitbeilegungsverfahren des Rahmenabkommens sei toxisch, die Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) inakzeptabel und nicht mehrheitsfähig. Sie mache das vorgesehene Schiedsgericht zur Farce und verletze die Souveränität. So lautet die Parole der Gegner des institutionellen Rahmenabkommens. Lieber fahre man mit dem Status quo weiter. Diese Einwände sind nicht stichhaltig. Die Debatte ist durch Vorurteile und Missverständnisse geprägt: Vorab ist zwischen Verfahren vor nationalen Gerichten in der Schweiz und den Mitgliedstaaten und dem neuen und umstrittenen Schiedsverfahren des Rahmenabkommens zu unterscheiden.

Von der politischen Bühne zum Rechtsweg
Die allermeisten gerichtlichen Verfahren zur Anwendung und Auslegung der bilateralen Verträge werden sich wie heute weiterhin vor nationalen Gerichten abspielen. Die Schweiz und die EU kennen die unmittelbare Anwendung dieser Verträge. Sie sind Teil des Landesrechts und gehen davon abweichenden Gesetzen, Verordnungen und Praktiken vor. Auf die Abkommen gestützte Klagen werden vor erst- und zweitinstanzlichen kantonalen Gerichten sowie vor den Gerichten des Bundes geführt und entschieden, in letzter Instanz durch das Bundesgericht. Dieses entscheidet abschliessend. Ebenso führen Klagen aufgrund der bilateralen Verträge in den Mitgliedstaaten über deren Gerichte. Sie unterliegen dem Vorabentscheidungsverfahren des EuGH.

Die nationalen Gerichte können Auslegungsfragen vorlegen. Die Höchstgerichte müssen vorlegen, soweit die Rechtslage nicht bereits hinreichend geklärt ist («actes claires»). Für die Mitgliedstaaten – nicht aber die Schweiz – ist das Urteil des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren massgebend. Das Bundesgericht wird solche Urteile im Dialog mit dem EuGH wie bereits heute berücksichtigen, ist aber als Präjudiz nicht daran gebunden.

Neu im Rahmenabkommen ist, dass Streitigkeiten der politischen Bühne auf dem Rechtsweg entschieden werden können. Heute liegen sie mit Ausnahme des Versicherungsabkommens allein in den Händen der Gemischten Ausschüsse und der politischen Behörden. Kann keine Lösung gefunden werden, drohen politisch motivierte Massnahmen (Stichwort Börsenäquivalenz). Anders als heute kann mit dem Rahmenabkommen jede Partei eine Streitfrage einem Schiedsgericht aus drei Personen – aus der Schweiz, der EU und einem Drittstaat – vorlegen. Das wird selten, wenn überhaupt jemals vorkommen. Denn die Möglichkeit eines Schiedsverfahrens dürfte die politische Einigung begünstigen.

Kommt es aber zur Klage der Schweiz oder der EU, so urteilt das eingesetzte Schiedsgericht über Anstände aus dem Rahmenabkommen und den bilateralen Verträgen. Gegenstand des Verfahrens kann die angebliche Unvereinbarkeit des inländischen Rechts mit den Verträgen sein. Dazu gehören auch Urteile von Gerichten, die völkerrechtlich Teil des Landesrechts sind und ebenfalls dem Grundsatz «pacta sunt servanda» unterliegen. Das Schiedsgericht ist dabei verpflichtet, Fragen des EU-Rechts dem EuGH vorzulegen. Es handelt sich dabei vor allem um offene Fragen bei der Auslegung von Richtlinien und Verordnungen, welche die Schweiz vor dem Hintergrund der dem Rahmenabkommen unterstellten Verträge übernommen hat. Die Vorlage dient dem Zweck, eine allgemeingültige Auslegung für den gesamten Binnenmarkt gerichtlich festzulegen. Der EuGH wird diese mit Blick auf alle Mitgliedstaaten und den gesamten Binnenmarkt, und nicht allein im Verhältnis zur Schweiz vornehmen.

Selbständige Rolle des Schiedsgerichts
Der Vorwurf der Parteilichkeit ist daher unbegründet. Absehen kann das Schiedsgericht von einer Vorlage, wenn die Rechtslage bereits durch frühere Urteile geklärt wurde («actes claires»). Zentral ist, dass sich die Zuständigkeit nur auf übernommene Normen und Begriffe des EU-Rechts bezieht, nicht aber auf die bilateralen Verträge an sich, die zum Völkerrecht gehören und ihren eigenen Normen folgen. So ist zum Beispiel der Begriff der Diskriminierung in Art. 2 des Freizügigkeitsabkommens nicht identisch mit der Diskriminierung im EU-Vertrag, so wie sie sich auch von entsprechenden Grundsätzen in der WTO unterscheidet. Das Schiedsgericht wird über Abgrenzungsfragen selbständig entscheiden. Es spielt also eine durchaus eigenständige Rolle und ist für die Auslegung der bilateralen Verträge zuständig.

Die Schweiz ist nicht verpflichtet, ein Urteil des Schiedsgerichts umzusetzen, wo am eigenen Recht festgehalten werden soll und eine Völkerrechtsverletzung politisch in Kauf genommen wird. Die EU kann dann Ausgleichsmassnahmen treffen. Das gleiche Recht gilt auch für die Schweiz. Von zentraler Bedeutung und neu ist, dass solche Massnahmen der erneuten Beurteilung des Schiedsgerichts unterliegen. Dieses prüft abschliessend, ob die Ausgleichsmassnahmen dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen. Es ist offensichtlich, dass die Schweiz mit diesem Verfahren nur gewinnen kann. Jahrzehntelang hat sich die EU politisch geweigert, die Beziehungen zur Schweiz einem allgemeinen gerichtlichen Streitbeilegungsverfahren zu unterstellen. Das Freihandelsabkommen von 1972 kennt sie immer noch nicht (Stichwort Unternehmenssteuern). Heute, wo die Union mit dem Rahmenabkommen dazu bereit ist, schiesst sich die Politik in der Schweiz aus Unkenntnis der Rechtslage mit unsachlichen und falschen Behauptungen erneut ins eigene Bein.

Dieser Beitrag von ASE-Präsident Thomas Cottier erschien am 25. Februar als Gastkommentar in der NZZ.

Arbeitsgruppen über künftige Herausforderungen in den Beziehungen zur Union

Um die Diskussion um das Rahmenabkommen auf eine neue Ebene zu heben, arbeitet die ASE in drei Arbeitsgruppen die Bedeutung eines Rahmen-Vertragsabschlusses für ausgewählte Bereiche heraus.

Die drei Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit der Digitalisierung, Energie- und Klimafragen sowie dem Dreieck Migration, Handel und Investitionen. Die folgenden Abstracts bilden die Grundlage für die Arbeit. Wenn Sie an einer Mitarbeit in der einen oder anderen Arbeitsgruppe interessiert sind, können Sie sich gerne via contact@suisse-en-europe.ch unter Angabe Ihrer gewünschten Arbeitsgruppe melden.


groupe de travail: numérisastion

L’UE établit actuellement un marché unique numérique afin d’améliorer l’accès aux biens et services digitaux, créer un environnement propice au développement de réseaux et de services digitaux et utiliser la numérisation comme moteur de croissance. Le futur numéraire de l’Europe devra incorporer des technologies utilisables pour tous, une économie équitable et compétitive et une société démocratique, ouverte et durable.

Le programme de l’UE comprend un grand nombre d’actes – Règlements, Directives, Communications, Décisions, Initiatives, Plans d’actions et Partenariats – sur lesquels la Suisse a pris position en identifiant d’éventuels besoins d’action ou de coopération[1]. La Suisse participe activement à de nombreux groupes d’experts de l’UE et aux principaux projets européens ayant trait à la numérisation[2].

Le programme pour une Europe numérique[3] complète et accompagne un certain nombre d’autres instruments proposés dans le cadre financier pluriannuel pour l’après 2020, notamment : Horizon Europe, mécanisme pour l’interconnexion en Europe (MIE), programme Europe créative (y compris Media), Erasmus, Fonds européen d’ajustement à la mondialisation (compétences numériques de base et avancées), Environnement et action pour le climat (y compris efficacité énergétique).

Le budget de l’UE prévoit d’attribuer des fonds importants à cinq domaines : calcul haute performance (2.2 milliards euros), intelligence artificielle (2.1 mrds euros), cybersécurité et confiance (1.6 mrds euros), compétences numériques avancées (577 millions euros) et déploiement, meilleure utilisation des capacités numériques et interopérabilité (1.1 mrd euros). Les membres de l’EEE, les pays disposant d’un accord-cadre et les pays tiers pourront participer au programme selon des modalités propres à leur relation avec l’UE.

Actuellement s’ajoutent, sur le plan législatif, les propositions pour une directive sur les mesures pour un haut niveau de cybersécurité, pour la régulation numérique au travers du règlement sur les services numériques (Digital Services Act) et du règlement sur les marchés numériques (Digital Market Act) pour les firmes ayant un impact (GAFA[4] notamment). Ces propositions devront être analysées afin d’évaluer l’intérêt de la Suisse et de l’UE à des formes de coopération, le cas échéant par le biais de déclarations ou d’arrangements spécifiques.

[1] La Suisse et le marché unique numérique de l’Union européenne, DETEC, DFAE, DFF et DEFR, 18.06.19 CH. Suisse et le marché numérique UE, 14.06.19.pdf
[2] Stratégie de l’Union Européenne pour un marché unique numérique. Conséquences pour la Suisse. Rapport en réponse au Postulat Vonlanthen 16.3080 du 15.03.16, SECO, 07.12.18.
[3] Proposition de règlement du Parlement européen et du Conseil établissant le programme pour une Europe numérique pour la période 2021-27, Bruxelles, 06.06.18, COM 434 final. Source
[4] Géants de l’internet : Google, Apple, Facebook, Amazon.


groupe de travail: ressources naturelles, énergie, climat et environnement

Le « European Green Deal » proposé par la Commission le 11.12.2019  représente un plan d’action inclusif et systématique couvrant tous les secteurs économiques. L’objectif  d’atteindre une économie neutre en carbone en 2050 est en ligne avec la trajectoire du CF pour 2050. Le Green Deal  précise que « son ambition ne pourra pas être atteinte exclusivement par l’UE et que l’UE pourra utiliser son influence, son expertise et ses ressources financières pour mobiliser ses voisins et partenaires… ». Les composants relatifs à l’énergie, au transport, à la construction et à la décarbonisation de l’économie ont une importance particulière pour la Suisse.

Dans le domaine des ressources naturelles, le Green Deal est développé notamment par la stratégie « Farm to Fork » (F2F). Celle-ci doit influencer la nouvelle politique agricole commune (PAC), dans laquelle les dispositions environnementales sont fortement renforcées (écorégimes obligatoires, conditionnalité renforcée…). F2F constitue une sorte de « benchmark » qui peut être aussi une référence pour la Suisse, de manière générale et sur des points spécifiques qui ont des implications « transfrontalières ». Exemples : la réduction des pesticides (-50% d’ici 2030, à comparer avec les initiatives populaires) et des antibiotiques (-50 %), ou l’objectif de 25% des terres agricoles en biologique. Le Conseil des Etats ayant refusé en décembre 2020 le projet de Politique agricole 2022-2025 (PA «2022+), celui-ci devra être revu par le Conseil fédéral et la comparaison avec F2F et la nouvelle PAC sera pertinente.

De manière plus immédiate, F2F stipule que l’objectif de durabilité devra être pris en compte dans tous les accords bilatéraux de l’UE. L’harmonisation entre les clauses environnementales de l’UE et de  la Suisse (ex : accord avec l’Indonésie) renforcerait leur acceptabilité et leur impact. Les implications d’une éventuelle taxe carbone sur les importations doivent aussi être analysées.  Plus généralement, F2F promeut une action internationale, qui concerne aussi la Suisse, dans le domaine de la normalisation (Codex), de l’étiquetage, et des activités internationales globales (ex : Sommet des NU sur le Système alimentaire mondial de 2021).

Le Green Deal prévoit de proposer en mars 2020 une stratégie de biodiversité, incluant explicitement la coopération transfrontalière et tenant compte du réseau Natura 2000. Cela a clairement une implication pour la Suisse, tout comme la nouvelle stratégie forestière.


Arbeitsgruppe Migration, Handel und Investitionen

Das Freizügigkeitsabkommen und das Schengener Abkommen integrieren die Schweiz migrationsrechtlich weitgehend in den Binnenmarkt. Das bezieht sich indessen nur auf Angehörige der Mitgliedstaaten und Reisende. Die Zusammenarbeit im Asylbereich und der Arbeitsmigration bleibt indessen ad hoc punktuell; die Schweiz hat keinen Einfluss auf die Gestaltung der Asylpolitik in der EU und der Lösung deren Probleme. In der Frage der Rückübernahmen gibt es nur ansatzweise eine Koordination. Kaum nennenswerte Koordination gibt es in Bezug auf wirtschaftliche Abkommen, welche vor Ort Chancen und Arbeitsplätze für junge Menschen schaffen könnte, gerade auch in der Landwirtschaft, deren Exportmöglichkeiten die schweizerische Landwirtschaftspolitik wesentlich erschwert. Die Arbeitsgruppe nimmt sich dem Dreieck von Migration, Handel und Investitionen an und prüft Möglichkeiten einer stärkeren Zusammenarbeit und Koordination mit der Europäischen Union. Als Grundlage dienen u.a. das Paper von Thomas Cottier und Anirudh Shingal, Migration, Trade and Investment: Towards a New Common Concern of Humankind, 55 Journal of World Trade 51-76 (2021) und die 2020 abgeschlossene Dissertation von Rosa Losada, Transnationaler Migrationsdialog und Migrationspartnerschaften in der Schweiz: Historische Entwicklung, Bestand und Reformbedarf.

Zum Hinschied von Franz A. Blankart (1936-2021)

„ Dies festgestellt“, so schloss Franz A. Blankart regelmässig die Darlegung eines Problems, um gestützt darauf Folgerungen zu entwickeln, für die Europapolitik, für die Welthandelspolitik, für das Wohlergehen des Landes. Seine philosophische Ausbildung prägte ihn im Denken und Handeln, das stets überlegt war. Aus ihr entstammt sein berühmter Satz, der zu seinem Vermächtnis zum Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Union wurde: „Beitrittsfähig sein, um nicht beitreten zu müssen“.

Ich verdanke ihm meine Anstellung im BAWI im Jahre 1986, zurück von Cambridge mit einem theoretischen Rucksack im Verfassungs- und Völkerrecht, und angeblich ungeeignet für die praktische Arbeit. Ich verdanke ihm meine zehn interessantesten Berufsjahre als Unterhändler in der Uruguay Runde des GATT und im Rahmen der EWR-Verhandlungen. Er brachte uns die Kunst der Diplomatie bei; vor allem die Fähigkeit, zuzuhören und zu erfassen, welche Probleme und Bedürfnisse die andere Seite hat. Wir haben ihn als Chef erlebt, der zu delegieren wusste. Ein Chef vor allem, der Vertrauen schenkte. Das hat mich am meisten beeindruckt und auch für meine spätere Tätigkeit geprägt: mit breit formulierten Aufträgen zu arbeiten, für die Ergebnisse einzustehen und dafür Verantwortung zu übernehmen. In einer von Verbänden und Parteien dominierten Landschaft war es ihm auch ein in der Bundesverwaltung seltenes Anliegen, den Kontakt mit der Wissenschaft zu pflegen und selbst sein Wissen weiterzugeben.

Wie viele von uns litt er am aufsteigenden Populismus und an der zögerlichen Europapolitik der Schweiz. Seine Krönung war die Leitung der EWR-Verhandlungen, zugleich auch seine grösste Enttäuschung, als der von ihm massgebend geprägte Vertrag am 6. Dezember 1992 scheiterte. Er blieb bei seiner Überzeugung, dass der EWR-Vertrag den Mantras und Besonderheiten der Schweiz am besten entspricht, ohne aber längerfristig einen Beitritt zur Union auszuschliessen. Anfangs dieses Jahres ist in er aller Stille von uns gegangen. Seine Persönlichkeit und sein Denken werden uns in diesen schwierigen Zeiten weiterhin begleiten. Valet!

Thomas Cottier

Das institutionelle Abkommen und der Rückhalt beim Souverän

Mit einer gewissen Regelmässigkeit wird behauptet, das institutionelle Abkommen (InstA) habe keine Zukunft. Gar vom faktischen Tod ist zuweilen zu lesen. Doch welchen Stand hat das Rahmenabkommen eigentlich in der Bevölkerung? Eine Übersicht der jüngeren Meinungsumfragen schafft Klärung und steht in einem gewissen Kontrast zur vorherrschenden Haltung in der Politik.

Das institutionelle Abkommen und der Rückhalt beim Souverän

Editorial de Thomas Cottier

Chers membres de l’Association La Suisse en Europe

J’espère que vous avez bien commencé la nouvelle année. Alors que la pandémie continue de nous accabler et de nous accompagner, l’effondrement et la fin du régime populiste aux États-Unis est un motif de grand espoir, qui influencera également l’Europe et nos relations avec l’Union au cours de la nouvelle année. À l’ordre du jour, figurent le débat et le combat pour l’accord-cadre, sur lequel une décision doit être prise cette année. Les faits sont encourageants. Comme le montre le rapport ci-joint de Fabian Schmid, la majorité des sondages ont toujours été favorables à l’accord. Les politiciens et les associations opposés à l’accord-cadre ignorent ce fait et continuent de prétendre que l’accord n’a aucune chance devant le peuple. Cela montre bien qui règne en Suisse : ce sont certaines associations et leurs fonctionnaires, et les médias ne veulent pas le reconnaître.. Plus on invoque la souveraineté populaire, moins on est pris au sérieux. Cela vaut même pour le Conseil fédéral qui, ces dernières années, a ignoré par peur les décisions claires du peuple et des cantons en matière de politique européenne. Il est encore très influencé par la peur de l’UDC et de ses représentants. L’effondrement du populisme et la manifestation de son vrai visage, comme nous les avons vécus à Washington au début de l’année, ne resteront pas non plus sans effet en Suisse. Ces politiques, qui répondent aux ressentiments, aux craintes, aux frustrations, à la xénophobie et aux notions romantiques de souveraineté, et qui bénéficient donc d’une attention médiatique excessive, n’apportent pas de réponses aux problèmes réels, qu’il s’agisse de la lutte contre la pandémie ou du développement de l’Europe à la lumière des évolutions géopolitiques. La population en est de plus en plus consciente.

Nous mettrons aussi clairement en évidence la différence entre le Brexit et la Suisse. En termes simples, la séparation et l’accord commercial font revenir le Royaume-Uni aux principes de l’accord de libre-échange de 1972 avec les États de l’AELE. À l’exception de l’Irlande du Nord, le traité ne fait aucune référence au droit communautaire et dépend essentiellement de reconnaissances unilatérales d’équivalence dans des domaines clés. Il crée ainsi une situation très différente des accords bilatéraux avec la Suisse, qui sont essentiellement basés sur l’adoption du droit communautaire et impliquent un degré d’intégration devenu beaucoup plus fort au fil des ans que le nouvel accord commercial de l’UE avec le Royaume-Uni. Ce nouvel accord commercial n’est donc que le début d’un nouveau bilatéralisme, avec toutes ses difficultés et ses frustrations. Le 2 janvier, The Economist l’a justement appelé « Britain’s Swiss Role ». Ce qui est piquant, c’est que dans leurs accords « Mind the Gap », la Suisse et le Royaume-Uni poursuivent bilatéralement, autant que possible, les réalisations du droit communautaire.

Nos objectifs pour 2021 sont donc clairs. Nous les poursuivrons vigoureusement dans le cadre de la Plateforme Suisse-Europe et nous en rendrons compte régulièrement sur le site web et par courrier électronique. Nous nous efforçons d’apporter des réponses pertinentes à la question de la souveraineté et de clarifier le rôle souvent mal compris de la Cour de Justice européenne dans le règlement des litiges. Nous apportons également notre contribution en identifiant les futurs domaines problématiques qui nécessitent des accords avec l’UE et qui vont donc au-delà des trois questions identifiées dans les négociations actuelles (protection salariale, droits sociaux, subventions). À cette fin, nous avons formé trois groupes de travail sur les questions de la politique climatique, de l’économie numérique et de la migration et des étrangers. Dans ces trois domaines, une coopération étroite avec l’Union sera nécessaire et un accord-cadre constituera donc une base indispensable. Je serais heureux que vous vous intéressiez à l’un ou l’autre des groupes de travail. Le contact avec les membres est une préoccupation importante pour moi et pour le Comité.

Au nom de l’ensemble du Comité, je vous souhaite une année pleine d’espoir ! Je vous remercie beaucoup pour votre soutien. En raison de la pandémie, nous ne tiendrons pas notre prochaine assemblée générale avant l’automne, et nous espérons vous accueillir à nouveau personnellement à cette occasion.

Avec mes meilleures salutations

Thomas Cottier, Président de l’ASE

Neue Publikationen zum Verhältnis Schweiz-EU

Gleich zwei neue Publikationen gehen der Frage nach, wie intensiv die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union bereits ausgestaltet sind – und welche Fragen für die künftigen Beziehungen auf dem Tisch liegen.

Matthias Oesch: Schweiz – Europäische Union. Grundlagen, Bilaterale Abkommen, Autonomer Nachvollzug
Wer genau wissen will, wie die Schweiz in vielen Bereichen fast mitgliedähnlich in die EU integriert ist, systematisch europäisches Recht nachvollzieht und welche Bedeutung der institutionelle Rahmenvertrag hat, für den/die ist das neue Buch „Schweiz – Europäische Union“ von Europarechtler Matthias Oesch geradezu Pflichtlektüre. In einem Lesetipp für die Schweizerische Gesellschaft für Aussenpolitik SGA-ASPE bespricht Daniel Brühlmeier die Publikation. Hier gehts zu seinem Text auf der SGA-Webseite. Die gesamte Publikation von Matthias Oesch ist ausserdem via EIZ Publishing kostenlos zugänglich.

Matthias Finger und Paul van Baal, Beziehungen unter Strom – Die Schweiz, die Elektrizität und die Europäische Union
Je länger die Schweiz nicht auf ein Stromabkommen mit der EU hinarbeitet, je mehr verliert sie ihre einst führende Rolle im europäischen Stromnetz mit negativen Folgen für die Energieversorgung, warnen Matthias Finger und Paul van Baal in „Beziehungen unter Strom“. Sie sind aber skeptisch, dass die Schweiz von ihrer „Hinhalte“-Politik abrückt. Hier geht’s zur Rezension von Markus Mugglin auf der Webseite der SGA.

Das Rahmenabkommen und die Souveränität

Anlässlich des 1. Zürcher Europarechtstages an der rechtwissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich vom 29.10.2020 hielt ASE-Präsident Thomas Cottier einen Vortrag zu Souveränitätsfragen in Bezug auf das Rahmenabkommen.

Das Rahmenabkommen macht nach dem Scheitern des EWR-Vertrages vor 28 Jahren einen ersten und bescheidenen Schritt weg von der institutionellen Abstinenz, hin zu einem kooperativen Souveränitätsverständnis in der gemeinsamen Sorge für Frieden und Wohlfahrt in Europa, die allein der Souveränität ihren Sinn und ihre Legitimation in der Region verschafft. Die Schweiz kann dabei an den eigenen Erfahrungen zwischen Bund und Kantonen in der Wahrnehmung gemeinsamer Aufgaben anknüpfen. Hier wie dort geht es um die Frage, wer am besten in der Lage ist, die öffentlichen Güter herzustellen, welche Frieden und Wohlfahrt garantieren. Darüber kann man vernünftig streiten, gleich wie bei den Aufgabenteilungen zwischen Bund und Kantonen, denen Debatten vorangingen und die in demokratischen Abstimmungen entschieden wurden. Hier muss auch der eigentliche Kern der Souveränitätsdebatte liegen. Nicht in Schlagworten um das letzte Wort, sondern um das Ringen nach Lösungen, die Frieden und Wohlfahrt im ursprünglichen Sinne in Europa am besten und immer wieder herstellen können. Die Debatte muss sich, mit andern Worten, von den Kategorien der äusseren Souveränität in die Kategorien der inneren Souveränität in Europa bewegen.

Lesen Sie hier den ganzen Vortrag